Potenzialanalyse bidirektionales Laden

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Bidirektionales Laden in Deutschland – Marktentwicklung und Potenziale

Bild: emobilitaet.sh


HERAUSGEBER

e-mobil BW GmbH Leuschnerstraße 45 D-70176 Stuttgart

NRW.Energy4Climate GmbH Kaistr. 5 D-40221 Düsseldorf

AUTOR:INNEN

P3 automotive GmbH Heilbronner Str. 86 D-70191 Stuttgart Leonie Schmidt Consultant E-mobility Niko Waxmann Associate Partner | Charging & Energy Daniel Reichert Senior Consultant E-mobility

Boesche Rechtsanwälte PartGmbB Dr. Katharina Vera Boesche Kaiserdamm 28 D-14057 Berlin (Co-Autorin Abschnitt 2.1)

II


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung

V

Ausgangslage und Zielsetzung

1

1

2

Potenzialermittlung 1.1

2

Marktanalyse bidirektionale BEV und Ankündigungen der Fahrzeughersteller

5

Hochlauf bidirektional befähigter BEV

9

Exkurs: Potenzial durch Nutzfahrzeuge

10

Hochlauf und Struktur in Deutschland – Ladeinfrastruktur

12

Hochlauf der Ladeinfrastruktur

14

Marktanalyse bidirektionale Ladeinfrastruktur

15

Hochlauf bidirektionale Ladeinfrastruktur

16

1.3

Verfügbarkeit von bidirektionalem Laden

19

Berechnung der verfügbaren bidirektionalen BEV

20

Lade- und Entladezeiten

22

Rahmenbedingungen

27

2.1

3

2

Hochlauf BEV

1.2

2

Hochlauf und Struktur in Deutschland – Fahrzeuge

Rahmenbedingungen Netz und Regulatorik

27

Gleichzeitigkeitsfaktor bei bidirektionalem Laden

27

Regulatorische Rahmenbedingungen

31

Normen und Standards zur technischen Umsetzung des bidirektionalen Ladens

40

2.2

Nutzerbereitschaft

46

2.3

Marktimplikationen und Business Model

49

Evaluation der durch bidirektionales Laden entstehenden Kosten

49

Geschäftsmodelle bidirektionales Laden

52

Verlorenes Potenzial und Nachrüstbarkeit

55

Vergleich zu Alternativen

59

3.1

Kostenvergleich bidirektionales Laden mit alternativen Speichertechnologien

59

3.2

Vergleich Leistung und Kapazität von bidirektionalem Laden mit alternativen Speichertechnologien 65

III


Inhaltsverzeichnis

4

Handlungsempfehlungen

69

4.1

Einordnung der Use Cases und Maßnahmen

69

4.2

Konkrete Handlungsempfehlungen

75

4.3

Fazit und Ausblick

77

Fazit

78

Ausblick

79

Literaturverzeichnis

81

Abbildungsverzeichnis

88

Abkürzungsverzeichnis

91

Anhang

93

Impressum

99

IV


Zusammenfassung

Zusammenfassung Die vorliegende Studie untersucht das Potenzial von bidirektionalem Laden im deutschen Markt und ordnet die Umsetzbarkeit unter Berücksichtigung verschiedener Rahmenbedingungen und Alternativen ein. Die Elektromobilität wird in den kommenden Jahren die treibende Technologie der Verkehrswende sein. Durch bidirektionales Laden, also die Nutzung von Fahrzeugen als mobile Zwischenspeicher für Strom, werden die Speicherpotenziale von Elektrofahrzeugen in das Energiesystem integriert. Das verfügbare Potenzial an Flexibilität durch bidirektionale Fahrzeuge wird in den nächsten Jahren stark ansteigen – wobei das gesamte Potenzial durch den langsameren Hochlauf der bidirektionalen Ladeinfrastruktur, der vor allem von hohen Kosten begleitet wird, eingeschränkt wird. Zudem ist bei der zeitlichen Umsetzung zwischen den Anwendungsfällen Vehicle-to-Home (V2H) und Vehicle-to-Grid (V2G) zu unterschieden. Für eine flächendeckende und wirtschaftliche Umsetzung ist zunächst die Klärung der regulatorischen Rahmenbedingungen wichtig – und hier besteht der größte Handlungsbedarf. Auch aus technischer Sicht fehlt die Einigung auf Standards und Schnittstellen, um bidirektionales Laden herstellerübergreifend umzusetzen und den Endkund:innen größtmögliche Flexibilität zu bieten. Zudem müssen die Endkund:innen der Technologie in den Fokus gerückt werden, da sie die Flexibilität für das Stromnetz erst durch die Freigabe der Batterie bereitstellen. Ein monetärer Anreiz kann hier die Bereitschaft stark fördern. Ein Vergleich in der Studie zeigt, dass durch die Nutzung des Potenzials bidirektionaler Elektrofahrzeuge der Ausbau zusätzlicher stationärer Batteriespeicher deutlich reduziert werden kann. Dennoch ist der Einsatz alternativer Speichertechnologien wie Power-to-Gas, Druckluftspeicher oder Redox-Flow-Batterien eine sinnvolle Ergänzung. Um die Potenziale des bidirektionalen Ladens erfolgreich nutzen zu können, müssen die Maßnahmen der einzelnen Akteure zeitlich aufeinander abgestimmt werden. Vor einem flächendeckenden Rollout der Technologie müssen zunächst die Rahmenbedingungen geklärt werden. Konkreter Handlungsbedarf besteht in der Klärung der technischen und regulatorischen Rahmenbedingungen, für den anschließenden Rollout der Technologie und die Entwicklung attraktiver Geschäftsmodelle. Darüber hinaus sollten seitens der Politik das Potenzial und der Nutzen von bidirektionalem Laden aufgezeigt werden, um die Bereitschaft der Endkund:innen zu erhöhen.

V


Ausgangslage und Zielsetzung

Ausgangslage und Zielsetzung Um die Emissionsziele in Deutschland zu erreichen, ist die Elektrifizierung des Verkehrssektors eine der zentralen Maßnahmen der Bundesregierung. Nach den Plänen der Bundesregierung soll der Bestand an Elektrofahrzeugen in Deutschland bis 2030 auf 15 Millionen Pkw steigen. Um die Elektromobilität intelligent in das Energiesystem zu integrieren, ist es wichtig, die entstehenden Speicherkapazitäten zu nutzen. Bidirektionales Laden, also die Nutzung von Fahrzeugen als mobile Zwischenspeicher von Strom, wird daher zu einem der zentralen Trends der Elektromobilität in den kommenden Jahren. Automobilund Ladegerätehersteller sowie die Politik arbeiten intensiv daran, die Rahmenbedingungen für diese Technologie zu schaffen, die einen zentralen Beitrag zur Energiewende leisten kann. Im Masterplan Ladeinfrastruktur II der Bundesregierung werden Maßnahmen zur Nutzung der Flexibilitäten von Elektromobilen durch bidirektionales Laden definiert. Bidirektionales Laden soll „diskriminierungsfrei ermöglicht werden“ und die „damit verbundenen energiewirtschaftlichen Möglichkeiten können und sollen für das Stromsystem nutzbar gemacht werden“, heißt es in der Maßnahme (BMDV, 2022). Ziel der Studie ist es, die Potenziale und Mehrwerte des bidirektionalen Ladens in Deutschland unter Berücksichtigung der Marktentwicklung und verschiedener Rahmenbedingungen wissenschaftlich aufzubereiten und zu bewerten. Die Abschätzung des Potenzials für bidirektionales Laden im deutschen Markt in Kapitel 1 erfolgt auf Basis eines Markthochlaufs von bidirektionalen Elektrofahrzeugen und Ladeinfrastruktur. Anschließend wird die Umsetzung der Technologie durch eine Untersuchung der bestehenden Rahmenbedingungen und Hemmnisse in Kapitel 2 eingeordnet. Der Fokus liegt dabei auf den technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Neben diesen werden Anreize zur Steigerung der Bereitschaft potenzieller Nutzer:innen der Technologie erarbeitet. Um das bidirektionale Laden wirtschaftlich umzusetzen, folgt eine Betrachtung möglicher attraktiver Geschäftsmodelle für beteiligte Akteure. Um die Speichertechnologie des bidirektionalen Ladens und ihr Potenzial besser gesamtwirtschaftlich einzuordnen, wird anschließend in Kapitel 3 ein Vergleich mit alternativen Speichertechnologien durchgeführt. Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse der Studie hinsichtlich der Umsetzbarkeit der Technologie nach ihren Anwendungsfällen V2H und V2G bewertet und Maßnahmen für die beteiligten Akteure sowie der angestrebte zeitliche Ablauf abgeleitet. Abschließend werden konkrete Handlungsempfehlungen für eine zeitnahe und erfolgreiche Umsetzung des bidirektionalen Ladens in Deutschland formuliert. Begleitend zur Erarbeitung wurde im Rahmen dieser Studie ein Expertenworkshop mit Fachleuten aus den verschiedenen betroffenen Sektoren durchgeführt, dessen Ergebnisse ebenfalls in die Studie einfließen.

1


Potenzialermittlung

1 Potenzialermittlung Bidirektionales Laden wird einer der zentralen Elektromobilitätstrends in den kommenden Jahren. Automobil-

und

Ladehardwarehersteller

sowie

die

Politik

arbeiten

intensiv

daran,

die

Rahmenbedingungen für diese Technologie zu schaffen, die einen zentralen Beitrag zur Energiewende leisten kann. Im folgenden Kapitel wird das Gesamtpotenzial für bidirektionales Laden im deutschen Markt ermittelt. Hierbei wird zuerst der Hochlauf der befähigten Elektrofahrzeuge skizziert, indem die Aktivitäten der relevantesten Automobilhersteller vorgestellt werden. Im Anschluss wird auf Basis des Fahrzeughochlaufs die Entwicklung von bidirektional befähigter Ladeinfrastruktur prognostiziert. Aus diesen Entwicklungen lässt sich das maximale Potenzial bidirektionaler Fahrzeuge ableiten. Anschließend wird das ermittelte Potenzial eingeschränkt, indem die Verfügbarkeit und die technischen Voraussetzungen

bidirektionaler

Elektrofahrzeuge

berücksichtigt

werden,

wobei

zusätzlich

unterschiedliche Anwendungsfälle des bidirektionalen Ladens1 betrachtet werden.

1.1 Hochlauf und Struktur in Deutschland – Fahrzeuge Um das Potenzial zu ermitteln, wird zunächst anhand marktspezifischer Faktoren ein Markthochlauf von Plug-in-Hybriden (PHEV) und vollelektrischen Pkw (BEV) bis 2035 für Europa und Deutschland generiert. Wesentliche Markttreiber sind Faktoren wie gesetzliche und regulatorische Vorgaben sowie herstellerspezifische Elektrifizierungs- und CO2-Flottenziele. Außerdem werden auf Basis der aktuellen Zulassungszahlen für Pkw im Jahr 2022 die Marktanteile der größten Automobilkonzerne in Deutschland im Bereich vollelektrischer Pkw abgeleitet und deren Ziele im Hinblick auf die Einführung bidirektionalen Ladens analysiert. Um hier bedarfsorientiert vorzugehen, wird bei der Ermittlung des Hochlaufs die Anzahl bidirektional ladefähiger, vollelektrischer Pkw im Zeitraum 2022 bis 2035 berücksichtigt. Als weitere Betrachtung werden Einblicke in die Entwicklung elektrischer Nutzfahrzeuge bis 2035 und die damit verbundenen Batteriekapazitäten gegeben, um zukünftige zusätzliche Speicherpotenziale in Deutschland aufzuzeigen.

Hochlauf BEV Die Grundlage zur Berechnung des Hochlaufs von batterieelektrischen Fahrzeugen in Deutschland ist ein Modell auf europäischer Ebene. Die europäische Gesetzgebung regelt die CO2-Emissionen von Pkw

1Für weitere Details der Anwendungsfälle siehe: „Factsheet Bidirektionales Laden“

(https://www.e-mobilbw.de/fileadmin/media/e-mobilbw/Publikationen/Broschueren/Factsheet_Bidirektionales_Laden.pdf).

2


Potenzialermittlung und leichten Nutzfahrzeugen durch die EU-Verordnung 2019/631, die sogenannte CO2Flottengrenzwerte (in g CO2/km) festlegt.

Abbildung 1: CO2-Flottenziele auf europäischer Ebene; P3-Hochlaufmodell

Im Jahr 2020 galt somit der Flottengrenzwert von 95 g CO2/km, gemessen nach dem alten NEFZTestverfahren. Im Rahmen des 2023 veröffentlichten Maßnahmenpakets „Fit for 55“ sollen neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis 2035 emissionsfrei sein, d. h., die CO2-Emissionen sollen gegenüber 2021 um 100 % gesenkt werden. Zwischenziel bis 2030 ist, die Emissionen bei Neuwagen um 55 % und bei leichten Nutzfahrzeugen um 50 % zu senken (Europäisches Parlament, 2023). Es wird in dem Hochlauf zwischen zwei Markthochlaufszenarien unterschieden. Das konservative Szenario (hellblaue Linie) stellt den Anteil der Elektrofahrzeuge an den Pkw-Neuzulassungen dar, der von OEM erbracht werden muss, um die vorgegebenen Flottenziele zu erreichen. Dem gegenüber steht das progressive Szenario (dunkelblaue Linie), in dem stattdessen die von den OEM angekündigten Elektrifizierungsziele berücksichtigt werden. Hier haben einige OEM in Europa bereits ambitionierte Strategien angekündigt, die über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen. Die Automobilhersteller Mercedes-Benz (Mercedes-Benz, 2021), Ford (Ford Europe, 2021), Geely/Volvo Cars (Volvo Cars, 2021), Renault-Nissan (Renault-Nissan-Mitsubishi, 2022) und Stellantis (Stellantis, 2021) haben das Ziel, bereits bis 2030 100 % der Neuzulassungen rein elektrisch zu verkaufen. Da sich die Automobilstrategien stark und teilweise ausschließlich auf reine Elektrofahrzeuge konzentrieren, werden E-Fuels und Brennstoffzellenfahrzeuge in diesem Kontext nicht betrachtet. Aus der europäischen Betrachtung wird dann der Hochlauf für Deutschland abgeleitet. Dieser basiert auf den anteiligen nationalen Fahrzeugzulassungen der OEM im europäischen Vergleich. Für Deutschland wird im weiteren Verlauf der Studie von einem im EU3


Potenzialermittlung Vergleich progressiveren Hochlauf der reinen Elektrofahrzeuge ausgegangen. Dies ist darin begründet, dass der Markt in Deutschland im Vergleich zu anderen EU-Ländern sehr fortschrittlich ist, was unter anderem aus dem großflächigen Ausbau der Ladeinfrastruktur und die hohe Kaufkraft deutscher Kund:innen resultiert. Folgende Abbildungen zeigen den Hochlauf vollelektrischer Batteriefahrzeuge (BEV), Plug-in-Hybride (PHEV) und von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren (ICE).

Abbildung 2: Jährliche Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen (BEV) in 1.000 Einheiten; Quelle: P3-Hochlaufmodell

Abbildung 3: Pkw-Bestand nach Antriebsart in % (absolut in Millionen Einheiten); Quelle: P3-Hochlaufmodell

Laut P3-Berechnungen werden die jährlichen Neuzulassungen elektrischer Fahrzeuge (BEV und PHEV) in Deutschland von ca. 833.000 im Jahr 2022 auf ca. 3,2 Millionen im Jahr 2030 steigen. Die Abbildung zeigt, dass das Verhältnis zwischen BEV und PHEV im Jahr 2022 noch sehr ausgeglichen ist, langfristig bis 2030 der Anteil der BEV jedoch überproportional ansteigt. Die PHEV-Technologie wird als Brückentechnologie bis zur vollständigen Etablierung rein elektrischer Pkw gesehen, weshalb langfristig der Anteil von PHEV an den Neuzulassungen wieder auf null sinken wird. Der Bestand der Elektrofahrzeuge beträgt im Jahr 2035 rund 38 Millionen Fahrzeuge, was einem Anteil von 77 % entspricht. Davon sind 33 Millionen reine BEV, 5 Millionen Fahrzeuge sind PHEV. Dies entspricht einem Anteil von 68 % der BEV an der gesamten Fahrzeugflotte. Das gezeigte Modell unterliegt der Annahme einer Haltedauer von acht Jahren für Elektrofahrzeuge.

4


Potenzialermittlung Marktanalyse bidirektionale BEV und Ankündigungen der Fahrzeughersteller Nach aktuellen Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes wurden im Jahr 2022 in Deutschland insgesamt rund 2,7 Millionen Pkw neu zugelassen. Darunter waren über 362.000 Plug-in-Hybride und knapp 471.000 reine Elektrofahrzeuge. Hierbei ist zu beachten, dass die Neuzulassungen 2022 noch von der CoronaPandemie beeinflusst wurden. Im Jahr 2019 betrug die Anzahl an Neuzulassungen rund 3,6 Millionen Pkw, wobei die Historie einen Aufwärtstrend zeigt, der bis 2035 fortgesetzt werden kann. Die meisten BEV-Neuzulassungen wurden auf Konzernebene von VW Group, Stellantis, Tesla, Renault-NissanMitsubishi, Hyundai Motors Group, Mercedes-Benz Group und BMW Group erreicht (siehe Abbildung 4). Die VW Group erreicht mit über 121.000 Neuzulassungen einen Marktanteil von rund 25 %. Sie führt damit mit großem Abstand die Top-Player an. Auch Stellantis und der konzernunabhängige Automobilhersteller Tesla spielen mit Marktanteilen von 16 % (knapp 80.000 Neuzulassungen) beziehungsweise 15 % (ca. 70.000 Neuzulassungen) eine wichtige Rolle bei der Elektrifizierung des Personenverkehrs (Kraftfahrtbundesamt, 2023).

Abbildung 4: BEV-Neuzulassungen 2022 nach Automobilkonzern; nach (Kraftfahrtbundesamt, 2023)

Abbildung 5: Hochlauf BEV-Neuzulassungen nach Automobilkonzern; P3-Hochlaufmodell

Unter der Annahme konstanter Marktanteile der Konzerne werden nach diesen Ergebnissen im Jahr 2035 über 1 Million BEV der Volkswagen Group, knapp 690.000 BEV der Stellantis-Marken und über 600.000 Tesla neu zugelassen. Bei der Darstellung handelt es sich um eine Extrapolation der derzeitigen 5


Potenzialermittlung Marktanteile. Weitere Einflussfaktoren, wie unter anderem der Markteintritt von chinesischen Automobilkonzernen, werden nicht berücksichtigt. Um die Entwicklungen der Automobilhersteller hinsichtlich einer bidirektionalen Ladefunktion zu bewerten, wird im Folgenden eine Marktanalyse durchgeführt. Dabei werden die Ankündigungen der Fahrzeughersteller hinsichtlich der Markteinführung bidirektionaler Modelle berücksichtigt. Der Fokus liegt auf den für den deutschen Markt relevanten Fahrzeugherstellern.

Volkswagen

Renault-Nissan-Mitsubishi

MEB-basierte Fahrzeuge in der 77-kWh-Variante sind für bidirektionales Laden vorbereitet (MEB: VW, Audi, Škoda, Seat/Cupra) Bereits ausgelieferte Modelle werden nach Aussagen von VW über Over-the-Air-Updates nachträglich befähigt

▪ ▪

Renault: Ankündigung von bidirektionalem Ladegerät für den Renault 5 (2023) Nissan: LEAF, Ariya und e-NV200 mit bidirektionalem Laden (CHAdeMO) Mitsubishi: Outlander PHEV und iMIEV mit bidirektionalem Laden (CHAdeMO)

Stellantis

Hyundai Motors

▪ ▪

Ab 2025 erste V2H- und V2G-fähige Fahrzeuge (z. B. von RAM Trucks: RAM 1500); Erweiterungen um weitere Fahrzeuge durch eine StellantisPlattformstrategie werden erwartet

BMW ▪

Pilotprojekte für V2G laufen bereits Kia EV9 ist neben V2H auch V2G-bereit und kann diese Funktion nutzen, sobald die Regulatorik vorhanden ist

Tesla BMW war Teilnehmer des Forschungsprojekts „Bidirektionales Lademanagement “, das Ende 2022 erfolgreich abgeschlossen wurde BMW ist in Kooperation mit E.ON, um perspektivisch auch bidirektionales Laden zu ermöglichen

Tesla hat Anfang 2023 angekündigt, bidirektionale Ladefunktionalität in die Fahrzeuge ab 2025 zu implementieren Musk nennt den Nutzen in Verbindung mit Tesla Powerwall; den Aussagen zufolge handelt es sich zunächst vermutlich um eine V2H-Funktion

Mercedes-Benz ▪

Mit der EVA2-Plattform (EQS, EQE) hat MercedesBenz erste Fahrzeuge mit bidirektionaler Ladefähigkeit eingeführt – die Funktion ist jedoch zurzeit auf Fahrzeuge für Japan (CHAdeMO) beschränkt Ankündigung/in Vorbereitung

Technologie verfügbar

Tabelle 1: Strategien deutscher OEM für die Markteinführung bidirektionalen Ladens (V2H/V2G); eigene Darstellung

Die Übersicht zeigt, dass die Befähigung der Fahrzeuge für bidirektionales Laden teilweise bereits bei den Automobilkonzernen berücksichtigt wird und erste Plattformen sich in Vorbereitung befinden. Das Konzept des Vehicle-to-Grid (V2G) befindet sich aktuell noch in der Pilotphase. Die Konzerne Volkswagen, Renault-Nissan-Mitsubishi und Hyundai Motors verfügen in ihrem Produktportfolio bereits über erste bidirektional befähigte Fahrzeuge. Nachfolgend werden die Entwicklungen und Ankündigungen der einzelnen Konzerne genauer betrachtet. 6


Potenzialermittlung

VW hat bereits 2021 angekündigt, alle ID.-Modelle mit der 77-kWh-Batterie künftig mit der Technologie des bidirektionalen Ladens zu befähigen. Bereits ausgelieferte Modelle werden nach Aussagen von VW über Over-the-Air-Updates nachträglich befähigt (Volkswagen, 2021). Dabei soll die bidirektionale Lademöglichkeit auf maximal 4.000 Stunden Betriebsdauer und maximal 10.000 kWh Energiemenge beschränkt werden (bidirektionale Wallboxen, kein Datum). Neben den ID.-Modellen werden auch der ID.Buzz und der ID.Buzz Cargo mit der Funktion des bidirektionalen Ladens auf den Markt kommen (Volkswagen, 2022). Auch weitere Marken des VW-Konzerns beschäftigen sich mit der Entwicklung von bidirektionalem Laden. Porsche testet über ein Pilotprojekt das bidirektionale Laden von fünf Serien-Taycans (Porsche, 2022). Mit Modellen der Marken Audi, Škoda und Seat, die auf der MEB-Plattform von VW oder auf der J1-Plattform von Porsche basieren, sind die Entwicklungen langfristig auch für diese Hersteller zu erwarten (The Mobility House, 2023).

Ausgewählte Marken der Stellantis Group verkünden bereits die Implementierung des bidirektionalen Ladens in ersten Modellen. Die Peugeot-iOn-Fahrzeuge ab Baujahr 2018 und die Citroën-C-ZeroFahrzeuge ab Baujahr 2017 und 2018 sind bereits über den CHAdeMO-Stecker V2G-fähig. Fiat testet im Projekt DrossOne im Werk Mirafiori seit 2021 bidirektionales Laden mit einer Fiat-500-e-Flotte (Stellantis, 2020) Der Hersteller RAM kündigt in einer Pressemitteilung an, ab 2025 den Ram 1500 REV mit V2H- und V2G-Funktion zunächst auf dem amerikanischen Markt einzuführen (Stellantis, 2023). Mit Erweiterungen um weitere Fahrzeuge durch eine Stellantis-Plattformstrategie wird gerechnet.

BMW testet erste bidirektionale BMW-i3-Fahrzeuge mit 42-kWh-Batterien im Rahmen eines Forschungsprojekts, das im Jahr 2022 abgeschlossen wurde. Dabei werden verschiedene Anwendungsfälle von Vehicle-to-Load bis Vehicle-to-Grid getestet (FfE, 2022). BMW bietet in Kooperation mit E.ON intelligentes Laden an, wobei im Rahmen der Kooperation die Voraussetzungen dafür geschaffen werden sollen, perspektivisch auch bidirektionales Laden zu ermöglichen (E.ON, 2023).

Mercedes-Benz hat die bidirektionale Ladefunktion bisher nur für den EQS über den japanischen Standard CHAdeMO implementiert und bietet diesen für den japanischen Markt an (Mercedes-Benz 7


Potenzialermittlung Group, 2021). Eine perspektivische Umsetzung über CCS und die Erweiterung des Angebots auf Modelle derselben Plattform sind zu erwarten.

Renault verkündete mit Mobilize, einer Marke der Renault-Gruppe, und The Mobility House, ab 2024 das erste kommerzielle Vehicle-To-Grid(V2G)-Angebot auf dem Markt zu schaffen, zunächst in Frankreich, Deutschland und dem Vereinigten Königreich. Der V2G-Dienst wird ab der Einführung des Renault R5 E-Tech verfügbar sein. Bei den zukünftigen Modellen, die auf der neuen CMB-EV-Plattform basieren, ist V2G Teil des Technikpakets (The Mobility House, 2023). Nissan ist einer der Pioniere, wenn es um bidirektionales Laden geht. Der japanische Automobilhersteller ist weltweit führend – mit mehr als 500 Fahrzeugen, die an Projekten zu bidirektionalem Laden beteiligt sind, auch in Deutschland. Der Nissan Leaf und der e-NV200 sind, zumindest in den Pilotprojekten, V2G-fähig, allerdings bisher nur über den CHAdeMO-Ladestandard (Nissan, 2023). Mitsubishi hat bereits vor einigen Jahren mit der Implementierung von V2G in seinen Fahrzeugen begonnen, weshalb der Outlander Plug-in-Hybrid und der Mitsubishi Eclipse Cross mit diesem System ausgestattet sind. Da der japanische Automobilhersteller Teil der Renault-Nissan-Allianz ist, soll dieses Wissen auch in den Technologiepool der anderen Marken einfließen (Mitsubishi Motors, 2018) (The Mobility House, 2023).

Die Modelle Hyundai Ioniq 5 und Ioniq 6 sind aufgrund der E-GMP-Plattform mit bis zu 3,7 kW V2L-fähig. Dabei wird zusätzlich ein V2L Connector von Hyundai benötigt (Hyundai, 2023). Pilotprojekte für V2G laufen bereits. Die meisten reinen Elektromodelle von Kia basieren auf der gleichen Architektur wie der von Hyundai. Der Kia EV9, der noch 2023 auf den Markt kommen soll, kann die Funktionen V2H und V2G nutzen, sobald die Regulatorik geklärt ist (Kia, 2023).

Tesla verfügt momentan nicht über eine bidirektionale Ladefunktion. Auf dem Investor Day im März 2023 verkündete Tesla die Einführung in „etwa zwei Jahren“, also ab 2025. Elon Musk, der CEO von Tesla, hat die Einführung und den Nutzen von bidirektionalem Laden unter anderem in Verbindung mit der Tesla Powerwall argumentiert. Den Aussagen zufolge handelt es sich zunächst um eine V2HFunktion (InsideEVs, 2023).

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Potenzialermittlung In den Ankündigungen der Fahrzeughersteller wird nicht zwischen bidirektionaler DC- und ACTechnologie unterschieden, wobei der Großteil der deutschen OEM die DC-Strategie verfolgt. Dabei werden länderspezifische Netzanforderungen der Rückspeisung hauptsächlich von der Ladestation umgesetzt. Das Fahrzeug muss somit lediglich die bidirektionale Kommunikation über die ISO 15118-20 ermöglichen.

Hochlauf bidirektional befähigter BEV Für den Hochlauf bidirektionaler Fahrzeuge bis 2035 fließen mehrere Annahmen in das von P3 entwickelte Marktmodell ein. Der Anteil der Fahrzeuge mit bidirektionaler Ladefunktion wird anhand der Ankündigungen der Automobilhersteller abgeleitet. Zunächst wird die Anzahl der BEV pro Jahr anteilig auf den Marktanteil der Hersteller in Deutschland aufgeteilt. Dabei beginnt der Hochlauf des Fahrzeugherstellers mit der angekündigten Markteinführung des ersten bidirektional ladefähigen Modells oder der ersten Plattform, die für bidirektionale Fahrzeuge vorbereitet ist. Berücksichtigt sind dabei nur Modelle, die bereits ab Werk technisch für Vehicle-to-Home (V2H) oder Vehicle-to-Grid (V2G) befähigt sind. Zusätzlich werden nur Fahrzeuge berücksichtigt, die über einen CCS-Anschluss verfügen, da dieser Steckerstandard in Deutschland über die Ladesäulenverordnung (§ 3 Abs. 3 LSV) festgelegt ist. Für den Hochlauf wird angenommen, dass spätestens im Jahr 2035 die Neuzulassungen aller Hersteller für V2H/V2G vorbereitet sind. Diese Entwicklung wird aufgrund der schnellen technischen Entwicklung und des zusätzlichen Wettbewerbs erwartet. In der folgenden Betrachtung wird nicht zwischen AC- und DC-Technologie unterschieden. Aufgrund aktueller Entwicklungen kann davon ausgegangen werden, dass die bidirektionale DC-Technologie vor allem bis 2030 den Großteil der neu zugelassenen BEV ausmachen wird.

Abbildung 6: Neuzulassungen BEV (bidirektional befähigt vs. nicht befähigt); P3-Hochlaufmodell

Abbildung 6 stellt den Hochlauf der BEV-Neuzulassungen von 2022 bis 2035 dar. Im Jahr 2022 waren bereits rund 20.000 Fahrzeuge durch die Befähigung der ersten Modelle von VW (Volkswagen, 2021) und der auf der gleichen Plattform basierenden Škoda-Modelle mit der bidirektionalen Ladefunktion ausgestattet. Im Jahr 2023 wird der Anteil durch die Markteinführung weiterer Modellewie unter 9


Potenzialermittlung anderem des Kia EV9 und die Ergänzung weiterer Modelle von VW auf voraussichtlich rund 42.000 Fahrzeuge anwachsen.

Abbildung 7: Bestand BEV (bidirektional vs. nicht bidirektional) in % (absolut in Millionen Einheiten); P3-Hochlaufmodell

Der Anteil der bidirektional vorbereiteten Fahrzeuge war im Jahr 2022 mit 2 % noch verschwindend gering. Bis zum Jahr 2035 wird der Anteil nach Berechnungen von P3 stetig zunehmen und ab 2032 werden bereits mehr als die Hälfte aller Bestandselektrofahrzeuge über bidirektionale Ladefunktionen verfügen. Bis zum Jahr 2035 steigt die Anzahl bidirektional befähigter BEV auf 65 % und somit auf ca. 21,7 Millionen Fahrzeuge im Bestand. Neben

der

rein

technischen

Vorbereitung

der

Fahrzeuge

müssen

die

regulatorischen

Rahmenbedingungen geschaffen und umgesetzt werden; diese werden in Kapitel 2 erläutert.

Exkurs: Potenzial durch Nutzfahrzeuge Zusätzlich zur Elektrifizierung von Pkw stellt auch diejenige von Nutzfahrzeugen ein Potenzial für das bidirektionale Laden dar. Zur Analyse und Bewertung dieses Potenzials wird zunächst die Anzahl der batterieelektrischen Nutzfahrzeuge bis 2030 ermittelt und anschließend das daraus resultierende theoretische Speicherpotenzial berechnet. Aufgrund der vergleichsweise hohen Batteriekapazität konzentriert sich dieser Exkurs auf schwere Nutzfahrzeuge der EG-Fahrzeugklasse N3 (>12 t). Die Daten zum Markthochlauf stammen aus dem Bericht „Marktentwicklung klimafreundlicher Technologien im schweren Straßengüterverkehr“ der NOW GmbH (NOW GmbH, 2023). Dabei werden die unternehmerischen Strategien der Nutzfahrzeughersteller unter Einhaltung der EU-Flottenziele für 2025 berücksichtigt.

10


Potenzialermittlung

Abbildung 8: Bestand von elektrischen Nutzfahrzeugen (>12 t) nach Antriebsart in Deutschland bis 2030 in 1.000 Einheiten; nach (NOW GmbH, 2023)

Vor dem Hintergrund dieser EU-Ziele entwickeln die Nutzfahrzeughersteller vorrangig Fahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb. Gründe hierfür sind die technologische Reife und die Marktverfügbarkeit. So wird prognostiziert, dass die Anzahl batterieelektrischer schwerer Nutzfahrzeuge von 2.000 im Jahr 2023 auf 57.000 im Jahr 2030 ansteigen wird (NOW GmbH, 2023). Um das Potenzial besser abschätzen zu können, wird der Hochlauf mit der erwarteten durchschnittlichen Batteriekapazität multipliziert. Dabei wird nur die Antriebsstrategie mit Batterie dargestellt, da diese für das bidirektionale Laden relevant ist. Für den Hochlauf wird ein Anstieg der durchschnittlichen Batteriekapazität pro Nutzfahrzeug von 300 kWh im Jahr 2023 auf 400 kWh im Jahr 2025 angenommen.

Abbildung 9: Speicherpotenzial elektrischer Nutzfahrzeuge (>12 t) in Deutschland bis 2030; (NOW GmbH, 2023), (eigene Berechnungen)

Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Batteriekapazität können somit 3,6 GWh im Jahr 2025 und bis zu 23,1 GWh im Jahr 2030 erreicht werden. Bei der Betrachtung von Nutzfahrzeugen ist zu beachten, dass das errechnete Speicherpotenzial teilweise nur eingeschränkt genutzt werden kann. Nur Nutzfahrzeuge, die lange Standzeiten aufweisen, können eine wirtschaftliche Energierückspeisung ermöglichen. Nutzfahrzeuge werden aufgrund des aktuellen Stands der Elektrifizierung in dieser Studie nicht näher betrachtet.

11


Potenzialermittlung

1.2 Hochlauf und Struktur in Deutschland – Ladeinfrastruktur Neben dem Hochlauf der verfügbaren Fahrzeuge für das bidirektionale Ladepotenzial wird im Folgenden der äquivalente Hochlauf der Ladeinfrastruktur skizziert. Dabei wird zunächst der generelle Ladeinfrastrukturhochlauf bis 2035 dargestellt. Zur besseren Übersicht werden die Ladepunkte in verschiedene Anwendungsfälle des Ladens unterteilt. Basierend auf Annahmen von P3 zum Durchdringungsgrad bidirektionaler Ladeinfrastruktur wird der Hochlauf bidirektionaler Ladepunkte erstellt. Für die weiteren Betrachtungen in der Studie wird das Laden in verschiedene Anwendungen unterteilt (vgl. Abbildung 10). Dabei wird zwischen privatem und öffentlichem Laden unterschieden. Privates Laden umfasst das Laden auf privatem Grund (Wohn- oder Firmengelände) für ausgewählte Nutzergruppen. Daneben umfasst der Bereich des öffentlichen Ladens das Laden auf öffentlich zugänglichem Gelände – entweder im Besitz privater Unternehmen (z. B. Supermärkte, Parkhäuser) oder öffentlicher Körperschaften (z. B. Gemeinden, Universitäten) für eine unbestimmte Gruppe von Nutzer:innen. Der Fokus der Studie liegt auf der Anwendung des privaten Ladens, da hier die Standzeiten am höchsten sind und alle Anwendungsfälle des bidirektionalen Ladens, auch die Eigenverbrauchsoptimierung, umgesetzt werden können. Für die Einzelbetrachtungen wie den regulatorischen Rahmen wird zusätzlich das öffentlich zugängliche Laden berücksichtigt.

12


Potenzialermittlung

Abbildung 10: Anwendungsfälle Laden; eigene Darstellung

13


Potenzialermittlung Hochlauf der Ladeinfrastruktur Der Hochlauf der Ladeinfrastruktur ist ein nachfrageorientiertes Modell, basierend auf dem Energiebedarf des Bestands an Elektrofahrzeugen. Es wird davon ausgegangen, dass die Ladeinfrastruktur hinreichend schnell ausgebaut wird, um den Bedarf an Elektrofahrzeugen zu decken. Der Bestand an Ladepunkten wird unterteilt in die Anwendungsfälle Heimladen, Laden am Arbeitsplatz, Fahrtziel Laden, urbanes Laden und Laden auf Langstrecke (en route).

Abbildung 11: Bestand an Ladepunkten nach Anwendungsfall; P3-Hochlaufmodell

Die Ladeinfrastruktur in Deutschland wird über die Jahre kontinuierlich ausgebaut. Bis 2030 werden laut den Berechnungen von P3 ca. 12 Millionen und bis 2035 ca. 20 Millionen private und öffentliche Ladepunkte installiert sein. Der größte Anteil der Ladepunkte zeichnet sich mit ca. 80 % der gesamten Ladeinfrastruktur im Bereich des Heimladens ab. Der zweitgrößte Anteil entfällt mit ca. 12 bis 16 % auf das Laden am Arbeitsplatz. Durch die hohe Anzahl installierter Ladepunkte in Kombination mit den langen Standzeiten bilden die Anwendungsfälle Heimladen und Laden am Arbeitsplatz somit das größte Potenzial für bidirektionales Laden. In den öffentlichen Anwendungsfällen sind lange Standzeiten nicht erwünscht und werden teilweise sogar durch Blockiergebühren unterbunden, weshalb das Potenzial für bidirektionales Laden hier eher als gering einzustufen ist. Wie und ob Fahrzeuge, die keinen dauerhaften Zugang zu privater oder halböffentlicher Ladeinfrastruktur haben, langfristig am bidirektionalen Laden teilnehmen können, ist noch nicht geklärt. Regulierungen oder strategische Festlegungen durch die Politik, z. B. durch Förderprogramme, können die zukünftige Entwicklung der Ladeinfrastruktur noch stark beeinflussen. 14


Potenzialermittlung Marktanalyse bidirektionale Ladeinfrastruktur Um nicht nur das Laden, sondern auch das Entladen zu ermöglichen, muss nicht nur das Fahrzeug bidirektional ladefähig sein. Auch die Ladehardware ist von entscheidender Bedeutung. Hier gibt es bereits Marktentwicklungen und erste Schritte. Bisher haben 14 Hardware-Hersteller in Europa bidirektionale Ladeinfrastruktur

angekündigt.

Von

diesen

Herstellern

bieten

sieben

ihre

Dcbel

Delta

Eaton

Enphase

x

x x

x

Wallbox

Webasto

Hardwarelösung bereits zum Kauf oder zur Vorbestellung an. Hersteller

ABB

Ambibox

Alpitronic

AC DC

x

x

x

x

Hersteller

EVtech

Indra

Kostal

Silla

AC DC

Sun2wheel

x x

x

x

x x

x

x

x

Abbildung 12: Übersicht bidirektional befähigter Ladehardware; eigene Darstellung

Dazu gehören Alpitronic (alpitronic, 2023), dcbel (dcbel), Eaton (Eaton), Evtech (Evtech), Kostal (Kostal, 2021), sun2wheel (sun2wheel) und Wallbox (Wallbox, 2023). Die Mehrheit – ca. 81 % – setzt auf die DC-Technologie, während drei der Hardwaremodelle, entwickelt von dcbel, Delta und Kostal, das Laden und Entladen mit Wechselstrom ermöglichen (Kostal, 2021). Die Wallbox r16 von dcbel verfügt sowohl über einen DC- als auch über einen AC-Stecker (dcbel), während der Hersteller Kostal die Wallbox als White-LabelLösung nach den Wünschen der Kund:innen fertigt und dabei nicht nur die Abbildung 13: Prozentuale

Wahl zwischen verschiedenen Features und Kommunikationsprotokollen bietet,

Anteile bidirektionaler AC-

sondern die Kund:innen auch zwischen AC- und DC-Technologie entscheiden

und DC-Ladeinfrastruktur

lässt (Kostal, 2021). Delta Electronics bietet in Thailand bereits eine AC-Wallbox

auf dem europäischen Markt; eigene Darstellung

zum Verkauf an. Zusammen mit der deutschen Firma Infineon Technologies wurde ein 3-in-1-System mit bidirektionalem Wechselrichter entwickelt, das die

Integration von Solaranlage, Heimspeicher und Ladestation ermöglichen soll (Infineon, 2022). Bei der Entscheidung zwischen AC- und DC-Lösungen hat Webasto noch einmal umgesteuert. Das Unternehmen hat eine bidirektional befähigte DC-Wallbox entwickelt, die bereits 2022 vorgestellt wurde (Webasto, 2022). Im April 2023 kündigte Webasto jedoch an, dass nun eine Wechselstromlösung verfolgt und priorisiert werde (Werwitzke, 2023). Heute (Stand September 2023) befindet sich für Privatkund:innen noch keine bidirektionale Ladestation auf dem Markt. Viele Hersteller haben Produkte angekündigt, deren Markteinführung kurzfristig innerhalb der nächsten Monate zu erwarten ist. 15


Potenzialermittlung Nachfolgend wird der Fokus auf die Wallbox beziehungsweise den Ladepunkt gelegt. Für die Umsetzung des bidirektionalen Ladens im Bereich des Heimladens sind neben dem Ladepunkt noch weitere Systemelemente essenziell. Abbildung 14 zeigt den Aufbau und die Verbindungen im Bereich des Heimladens. Dieser Aufbau lässt sich auch auf andere Gebäude wie beispielsweise Firmengebäude übertragen.

Abbildung 14: Beispielhafter vereinfachter Systemaufbau für das Heimladen; eigene Darstellung

Die Marktreife des bidirektionalen Ladens wird erreicht, wenn neben einem bidirektionalen BEV und einer bidirektionalen Wallbox auch die notwendige Kommunikation und die Stromflüsse innerhalb des Gebäudes

entsprechend

umgesetzt

werden

können.

Der

Smart

Meter

bildet

die

Kommunikationsschnittstelle zum öffentlichen Stromnetz und ist essenziell für die Umsetzung von V2G. Ein (Heim-)Energiemanagementsystem ist notwendig, wenn eine lokale Optimierung im Gebäude erfolgen soll. Durch die optionale Einbindung einer Photovaltaikanlage kann der tagsüber erzeugte PVStrom im Fahrzeug gespeichert und nach Sonnenuntergang an das Gebäude abgegeben werden, wodurch der Eigenverbrauch erhöht wird. Wichtig bei der Kommunikation ist vor allem die Interoperabilität der Systeme und der Schnittstellen. Nur wenn langfristig einheitliche Standards umgesetzt werden, können Systeme unterschiedlicher Hersteller verbunden werden und das volle Potenzial des bidirektionalen Ladens ausgeschöpft werden.

Hochlauf bidirektionale Ladeinfrastruktur Obwohl einige Hersteller bereits bidirektionale Ladestationen auf dem Markt anbieten, wird kurzfristig keine Marktdurchdringung in relevanten Stückzahlen erwartet. Erste proprietäre Lösungen werden 16


Potenzialermittlung kurzfristig in Deutschland verfügbar sein, sind jedoch im Vergleich zur Gesamtanzahl der Ladepunkte vernachlässigbar.

Aufgrund

der

deutlich

höheren

Anschaffungskosten

von

bidirektionaler

Ladeinfrastruktur kann davon ausgegangen werden, dass die Technologie anfangs durch DC-Wallboxen dominiert wird. Es wird angenommen, dass alle im privaten Bereich installierten DC-Ladepunkte bidirektional fähig sein werden, da sonst die DC-Technologie keinen großen Mehrwert im Heimbereich schafft. Bei der AC-Technologie wird die Durchdringung deutlich geringer ausfallen. Im Jahr 2023 gibt es für Privatkund:innen noch keine auf dem Markt verfügbare bidirektionale AC-Wallbox. Mit Markteinführung erster Modelle 2024 wird der Anteil langsam, aber stetig steigen. Die Ladeinfrastruktur orientiert sich mittelfristig an dem bidirektionalen Fahrzeughochlauf. Sogenannte „Early Adopter“, die den Hochlauf in der Anfangsphase bilden, werden vor allem Eigenheimbesitzer mit PV-Anlage sein, da diese das Ziel der Eigenverbrauchsoptimierung verfolgen und durch V2H einen höheren Autarkiegrad erreichen.

Abbildung 15: Bestand an Ladepunkten nach Technologie im Bereich Heimladen; P3-Hochlaufmodell

Bis 2035 werden mit ca. 6,5 Millionen Ladepunkten knapp 40 % aller Wallboxen im Heimbereich bidirektional befähigt sein, wobei perspektivisch ein ausgewogenes Verhältnis von AC und DC herrscht. Anfangs wird die DC-Technologie dominieren, bis die Klärung der Rahmenbedingungen für ACbidirektionale Ladepunkte erfolgt ist. Unidirektionale Ladepunkte werden den größten Anteil ausmachen und ausschließlich aus unidirektionaler AC-Ladetechnik bestehen. Der deutliche Kostenvorteil der unidirektionalen Ladetechnik wird sie weiterhin attraktiv halten.

17


Potenzialermittlung Im gewerblichen Bereich herrscht ein großer Kostendruck, was durch den im Rahmen dieser Studie durchgeführten

Expertenworkshop

von

Ladeinfrastrukturbetreibern

bestätigt

wurde

(Expertenworkshop, 2023). Dadurch finden die Mehrkosten für bidirektionale Ladetechnik vor allem bei Markteinführung der Technologie weniger Akzeptanz als im Heimbereich. Im Anwendungsfall Laden am Arbeitsplatz werden ab 2024 erste bidirektionale DC-Wallboxen installiert, wobei die Installationsquote unter der im Heimbereich liegt.

Abbildung 16: Bestand an Ladepunkten nach Technologie im Bereich Laden am Arbeitsplatz; P3-Hochlaufmodell

Bis 2035 ist mit ca. 1,2 Millionen installierten bidirektionalen Ladepunkten eine Durchdringungsquote von knapp 36 % zu erwarten. Die DC-Technologie wird aufgrund der Marktverfügbarkeit kurzfristig leicht dominieren, wobei durch den Kostendruck im gewerblichen Bereich das Verhältnis zwischen AC und DC bidirektional ausgeglichener sein wird als im privaten Bereich. Die knapp 64 % unidirektionalen Ladepunkte im Jahr 2035 bilden sich, neben knapp 10 % unidirektionaler DC-Technologie, infolge des Kostenvorteils hauptsächlich aus unidirektionaler AC-Technologie. Zwischen dem Hochlauf der bidirektionalen Ladeinfrastruktur und dem der bidirektional befähigten Elektrofahrzeuge besteht eine Diskrepanz. Laut P3-Berechnungen werden im Jahr 2035 ca. 22 Millionen bidirektionale BEV verfügbar sein, wohingegen im privaten und im gewerblichen Bereich zusammen lediglich ca. 7,6 Millionen bidirektionale Ladepunkte verfügbar sein werden. Somit verfügen knapp 14,4 Millionen bidirektional befähigte BEV nicht über die nötige Ladeinfrastruktur. Diese Diskrepanz entsteht hauptsächlich durch den hohen Aufpreis der bidirektionalen Ladeinfrastruktur, da der Aufpreis bidirektionaler BEV zu vernachlässigen ist. 18


Potenzialermittlung

1.3 Verfügbarkeit von bidirektionalem Laden Aufbauend auf dem Hochlauf bidirektionaler BEV und Ladepunkte werden in diesem Abschnitt weitere Einschränkungen des Potenzials betrachtet. Zunächst erfolgt eine Abstufung der Fahrzeugintegration nach verschiedenen Anwendungen. Dies bildet die Grundlage für den weiteren Verlauf der Studie.

Abbildung 17: Stufen der Fahrzeugintegration über verschiedene Anwendungsfälle; eigene Darstellung

Die Abbildung zeigt die verschiedenen Stufen und Anwendungsfälle der Fahrzeugintegration in ein lokales Netz oder in das öffentliche Stromnetz. Diese können sowohl unidirektional als auch bidirektional sein. Die Komplexität steigt mit der Integration in das Stromnetz. Das intelligente beziehungsweise gesteuerte unidirektionale Laden stellt dabei die geringste Komplexität der Netzintegration dar. Bei der lokalen Fahrzeugintegration lädt das Fahrzeug nur in das lokale Stromnetz und speist nicht in das öffentliche Stromnetz zurück. Durch die Anwendung der Notstromversorgung kann das Fahrzeug zusammen mit der Ladeinfrastruktur bei Ausfall der öffentlichen Stromversorgung ein lokales Stromnetz bilden und so Verbraucher im Gebäude versorgen. Im Fall des Heimenergiemanagementsystems kann die Energieautarkie von Privathaushalten erhöht werden und durch das Laden und Entladen von lokal erzeugter Energie kann der Energieverbrauch erhöht werden. Der spezielle Fall Vehicle-to-Load ist nicht zwingend abhängig von einem lokalen Stromnetz, sondern beschreibt die Versorgung externer Verbraucher direkt aus der Fahrzeugbatterie. Bei der FahrzeugNetzintegration unterscheidet man zwischen den Anwendungsfällen Netzdienstleistung und Arbitrage. Netzdienstleistungen sind Maßnahmen zur Sicherung des physischen Netzes, die durch Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) gesteuert werden. Bei Arbitrage kann die Fahrzeugbatterie als 19


Potenzialermittlung Pufferspeicher dienen, um Energie dann im Netz bereitzustellen, wenn der Strompreis gering ist, und wieder auszuspeichern, wenn der Strom teuer an der Börse verkauft werden kann. Auf diese Weise können Arbitrage-Spreads – finanzielle Gewinne – realisiert werden.

Berechnung der verfügbaren bidirektionalen BEV Das zukünftige Potenzial für bidirektionales Laden hängt insbesondere auch von der Tagesverfügbarkeit der Elektrofahrzeuge ab. Diese müssen zu Spitzenlastzeiten am Netz sein, um ihre Batteriekapazität dem Hausnetz beziehungsweise dem Stromnetz zur Verfügung stellen zu können. Betrachtet man nur das private Laden zu Hause, so ist der erste Indikator der Anteil der privat verfügbaren Parkplätze. Diese Parkplätze können einfach mit einer bidirektionalen Wallbox ausgestattet und somit für den V2H-UseCase genutzt werden. Laut der Studie „Mobilität in Deutschland“ (MiD) (Nobis & Kuhnimhof, 2018) stehen rund 75 % der Pkw in Deutschland auf privaten Parkgrundstücken. Die Einbeziehung öffentlicher Parkplätze ist für die bidirektionale Nutzung nur bedingt sinnvoll. Neben dem Parkraum spielt die Verfügbarkeit der Fahrzeuge eine wichtige Rolle bei der Bestimmung des Potenzials. Im Durchschnitt stehen Pkw in Deutschland 97 % der Zeit, davon 84 % auf dem heimischen Parkplatz und 7 % parken während der Arbeit. In dieser Zeit können die Batterien der Elektrofahrzeuge geladen und ihre Kapazitäten zum Ausgleich von Lastspitzen genutzt werden. Die Verfügbarkeit gleichzeitig parkender Fahrzeuge sinkt laut MiD-Studie nie unter 50 %. Von der Gesamtanzahl der bidirektionalen BEV stehen somit aufgrund der Verfügbarkeit nicht alle zur tatsächlichen Rückspeisung von Strom zur Verfügung. Die Annahmen der MiD-Studie (Nobis & Kuhnimhof, 2018) werden mit der gesamten Anzahl der bidirektionalen Fahrzeuge verrechnet.

Abbildung 18: Berechnungslogik Verfügbarkeit bidirektionaler BEV; eigene Darstellung

Von der gesamten Anzahl bidirektionaler BEV parken laut MID-Studie 50 % zu jeder Zeit und haben das Potenzial, an eine Ladestation angeschlossen zu sein. Der hauptsächliche limitierende Faktor ist jedoch die Verfügbarkeit der bidirektionalen Ladeinfrastruktur. Nur mit dieser kann das Elektrofahrzeug tatsächlich Strom entladen.

20


Potenzialermittlung

Abbildung 19: Potenzial verfügbare bidirektionale BEV für das Rückspeisen von Strom; P3-Hochlaufmodell

Es stehen infolge der oben getroffenen Annahmen und der Berücksichtigung des Hochlaufs bidirektionaler Ladeinfrastruktur im Jahr 2030 ca. 2 Millionen BEV tatsächlich für die Entladung von Strom zur Verfügung. Bis zum Jahr 2035 wird ihre Zahl auf ca. 7,6 Millionen BEV ansteigen. Aus den verfügbaren BEV können die potenziell verfügbare Gesamtkapazität und die Gesamtleistung ermittelt werden. Die verfügbare Gesamtkapazität wird anhand zweier Szenarien ermittelt. Im realistischen Szenario beträgt die durchschnittliche Batteriekapazität eines BEV 50 kWh. Im optimistischen Szenario beträgt die durchschnittliche Batteriekapazität 70 kWh.

Abbildung 20: Technisch verfügbare Batteriekapazität; P3-Hochlaufmodell

Mit einer durchschnittlichen Batteriekapazität von 70 kWh stehen bis 2030 ca. 142 GWh und bis 2035 ca. 534 GWh zur Speicherung zur Verfügung. Mit einer durchschnittlichen Batteriekapazität von 50 kWh sind es 2030 ca. 101 GWh und 2035 ca. 381 GWh. Zum Vergleich: Im Marktstammdatenregister sind Stand 01.01.2023 ca. 402 MWh an Batteriekapazität registriert (MaStR, 2023). Die angegebene Speicherkapazität kann im realen Einsatz durch weitere Faktoren stark individuell eingeschränkt werden. Beispielsweise wird eine Tiefenentladung oder Entladung unter 20 bis 30 % Ladezustand der Batterie beim bidirektionalen Laden vermieden, was die verfügbare Speicherkapazität nochmals um etwa die Hälfte reduziert.

21


Potenzialermittlung Neben der Kapazität ist auch die Betrachtung der verfügbaren Entladeleistung der bidirektionalen Fahrzeuge eine wichtige Größe. Da die meisten Elektrofahrzeuge für eine Ladeleistung von 11 kW ausgelegt sind, wird diese auch als potenzielle maximale Entladeleistung angenommen.

Abbildung 21: Technisch verfügbare Maximalleistung; P3-Hochlaufmodell

Können alle tatsächlich verfügbaren BEV, die im privaten oder gewerblichen Bereich an Ladeinfrastruktur angeschlossen sind, gleichzeitig mit 11 kW entladen, kann eine maximale Entladeleistung von ca. 22 GW im Jahr 2030 und ca. 86 GW in 2035 erreicht werden. Zum Vergleich: Im Marktstammdatenregister sind Stand 01.01.2023 ca. 3,8 GW Leistung von stationären Batterien registriert (MaStR, 2023). Neben dem Potenzial der gesamten bidirektionalen BEV ist zudem zwischen verschiedenen Anwendungsfällen und der daraus resultierenden Nutzungsdauer des bidirektionalen Ladens zu unterscheiden.

Lade- und Entladezeiten Die Lade- und Entladezeiten hängen vom Anwendungsfall ab, für den die Fahrzeugbatterie eingesetzt werden soll. Je nach Anwendungsfall werden auch unterschiedliche Leistungen geladen und entladen. In dieser Studie wird der Fokus auf drei Anwendungsfälle gelegt: das lokale Energiemanagement, den Arbitragehandel und die Bereitstellung von Systemdienstleistungen durch die Fahrzeugbatterie. Der erste Anwendungsfall ist das lokale Energiemanagement. Hierbei wird das Elektrofahrzeug in das lokale Stromnetz integriert. Ziel dieser Anwendung ist es, den Energieverbrauch lokal zu optimieren und somit den Netzbezug zu minimieren. Ein Bestandteil dieser Anwendung kann eine lokale PV-Anlage sein, die ebenfalls in der folgenden Abbildung dargestellt ist. Im optimalen Fall wird das Elektrofahrzeug mit dem Überschuss an lokal erzeugter Energie aus der PVAnlage geladen. Ein Überschuss entsteht, wenn nach Deckung der Haushaltslast noch Energie zur Verfügung steht. Dadurch wird der Netzbezug für den Ladevorgang minimiert. Beim Einsatz einer PV-

22


Potenzialermittlung Anlage erfolgt der Ladevorgang daher idealerweise tagsüber. Sobald keine überschüssige Energie aus der PV-Anlage mehr zur Verfügung steht, wird der Speicher des Elektrofahrzeugs genutzt, um die Haushaltslast zu decken. Dies geschieht in der Regel in den Abend- oder Morgenstunden.

Abbildung 22: V2H, lokales Energiemanagement; eigene Darstellung

Im zweiten Fall wird über V2G die Fahrzeugbatterie als Pufferspeicher für Energie genutzt. Durch die Kommunikation mit dem Energiemarkt erhält die Ladestation die aktuellen Strompreise. Ziel ist es, Energie dann zu kaufen, also zu laden, wenn der Strommarktpreis niedrig ist, und Energie dann zu verkaufen, also zu entladen, wenn der Strommarktpreis hoch ist. Auf diese Weise können Arbitrage-Spreads realisiert werden.

Abbildung 23: V2G-Arbitrage; eigene Darstellung

Im dritten betrachteten Fall wird die Fahrzeugbatterie zur Bereitstellung von Netzdienstleistungen verwendet. Netzdienstleistungen sind Maßnahmen des Netzbetreibers, die der Sicherstellung der Energieversorgung im Land und der Sicherung des physikalischen Netzes durch Einhaltung der Netzfrequenz dienen (Next Kraftwerke, 2023). Eine der Netzdienstleistungen ist der Einsatz von Regelenergie.

Dabei

erhalten

Erzeugungsanlagen

Zugang

zum

Regelenergiemarkt

der

Übertragungsnetzbetreiber, wenn sie in der Lage sind, kurzfristig verfügbare Kapazitäten anzubieten. In diesem Zusammenhang gewinnen neben konventionellen Erzeugungsanlagen auch Stromspeicher zunehmend an Bedeutung für den Regelenergiemarkt und können mit steuerbaren Lasten Erlöse auf diesem Markt erzielen. Die Bereitstellung der Reservekapazität durch die Stromverbraucher wird auch

23


Potenzialermittlung als Demand Response bezeichnet (Next Kraftwerke, 2023). Eine detaillierte Beschreibung des Geschäftsmodells findet sich im Abschnitt 2.3.

Abbildung 24: V2G-Netzdienstleistungen; eigene Darstellung

24


Potenzialermittlung DEEP DIVE Entladezeiten im Anwendungsfall V2G-Arbitrage/Kostenoptimierung Um die möglichen Entladezeiten von bidirektionalen BEV zu bewerten, muss eine spezifische Betrachtung je nach Anwendungsfall erfolgen. Wird die Entladung durch den aktuellen Börsenstrompreis gesteuert, spricht man von dem Anwendungsfall Arbitrage. Abbildung 25 zeigt einen simulierten Tagesverlauf des Lade- und Entladeverhaltens mit der täglichen Fahrdistanz eines typischen Pendlers.

Abbildung 25: Beispielhaftes Lade- und Entladeverhalten im Tagesverlauf in Abhängigkeit vom Börsenstrompreis; P3Arbitrage-Modell (Annahmen: BEV mit 55 kWh, Strompreise vom 08.03.2022, durchschnittl. Arbeitsweg von 16,9 km)

Die Rückspeisung ist in diesem Simulationsbeispiel nur an der heimischen Ladestation möglich. Somit schränkt der Aufenthalt am Arbeitsplatz das Arbitrage-Potenzial an Werktagen ein. Der BEV reagiert im Anwendungsfall Arbitrage auf die Änderungen des Börsenstrompreises. Zu Zeiten eines steigenden Strompreises, z. B. um 18 Uhr, entlädt das Fahrzeug und verkauft den gespeicherten Strom an den Energiemarkt. Adäquat kann das Elektroauto den Zeitraum eines niedrigen Börsenstrompreises, wie beispielsweise um 17 Uhr, nutzen, um zu laden.

25


Potenzialermittlung In Kürze Die jährlichen Neuzulassungen von BEV in Deutschland steigen von rund 470.000 im Jahr 2022 auf rund 2,9 Millionen im Jahr 2030. Bis zum Jahr 2035 wird ein Anstieg der Neuzulassungen auf ca. 4,1 Millionen erwartet. Der Fahrzeugbestand besteht im Jahr 2035 aus rund 33 Millionen BEV. Dies entspricht einem Anteil von 68 % am gesamten Pkw-Bestand (ca. 49 Millionen Pkw) im Jahr 2035. Der Anteil bidirektionaler BEV wird aus den Ankündigungen der OEM und deren Marktanteilen abgeleitet. Im Jahr 2030 werden ca. 1,8 Millionen BEV mit bidirektionaler Ladetechnologie neu zugelassen. Im Jahr 2035 wachsen die Neuzulassungen bidirektionaler BEV auf 4,1 Millionen. Im Bestand der BEV werden bis 2030 ca. 39 % (ca. 5,2 Millionen) bidirektional befähigt sein. Bis 2035 wird der Anteil auf 65 % (ca. 21,7 Millionen) wachsen. Da in den Anwendungsfällen „Heimladen“ und „Laden am Arbeitsplatz"“ die meisten Ladepunkte (96 %) installiert sind und die Standzeiten am längsten sind, liegen hier perspektivisch die größten Potenziale für bidirektionales Laden. Im Heimladen steigt der Anteil bidirektionaler Ladeinfrastruktur im Bestand mit 6,5 Millionen Ladepunkten auf ca. 40 % (20 % AC, 20 % DC) im Jahr 2035. Beim Laden am Arbeitsplatz sind es perspektivisch mit 1,2 Millionen Ladepunkten ca. 36 % (18 % AC bidi, 18 % DC bidi) im Jahr 2035 im Bestand. Von der Gesamtanzahl der bidirektionalen BEV stehen nicht alle zur tatsächlichen Rückspeisung von Strom zur Verfügung. Der hauptsächliche limitierende Faktor ist die zu Verfügung stehende bidirektionale Ladeinfrastruktur. Tatsächlich stehen im Jahr 2030 ca. 2 Millionen BEV für die Entladung von Strom zur Verfügung. Im Jahr 2035 wächst die Anzahl auf ca. 7,6 Millionen BEV. Die verfügbare Gesamtkapazität wird anhand von zwei Szenarien ermittelt (realistisch: 50 kWh/BEV; optimistisch: 70 kWh/BEV). Mit einer durchschnittlichen Batteriekapazität von 70 kWh stehen bis 2030 ca. 142 GWh und bis 2035 ca. 534 GWh zur Speicherung zur Verfügung. Mit einer durchschnittlichen Batteriekapazität von 50 kWh sind es 2030 ca. 101 GWh und bis2035 ca. 381 GWh. Können alle tatsächlich verfügbaren BEV, die im privaten oder gewerblichen Bereich an Ladeinfrastruktur angeschlossen sind, gleichzeitig mit 11 kW entladen, kann eine maximale Entladeleistung von ca. 22 GW bis 2030 und ~ca. 84 GW bis 2035 erreicht werden. Die zeitliche Abhängigkeit der Entladung hängt stark vom Zusammenhang mit dem Anwendungsfall und der Verfügbarkeit der Ladetechnik ab. Im Heimbereich und am Arbeitsplatz ist das Flexibilitätspotenzial für bidirektionale Ladestationen am größten.

26


Rahmenbedingungen

2 Rahmenbedingungen Dem theoretischen Potenzial stehen Rahmenbedingungen gegenüber, die die Nutzbarkeit von bidirektionalem Laden einschränken können. Im folgenden Kapitel werden die Rahmenbedingungen des Stromnetzes und der Regulierung als Befähiger der Technologie betrachtet. Für die Verbreitung der Technologie spielt auch die Nutzungsbereitschaft potenzieller Kund:innen eine wichtige Rolle. Darüber hinaus werden im Folgenden Geschäftsmodelle vorgestellt, die durch die Verbreitung der Technologie entstehen können.

2.1 Rahmenbedingungen Netz und Regulatorik Gleichzeitigkeitsfaktor bei bidirektionalem Laden Um das volle Potenzial der Technologie auszuschöpfen, muss neben der bidirektionalen Technologie an sich auch der Anschluss an das öffentliche Stromnetz ermöglicht werden. Da private Ladeinfrastruktur überwiegend an das Verteilnetz angeschlossen ist, muss vor allem die zusätzliche Belastung dieser Netze untersucht werden. Um die Belastung hinsichtlich der Gleichzeitigkeit zu bewerten, wird zunächst der Gleichzeitigkeitsfaktor (GZF) beim unidirektionalen Laden von Elektrofahrzeugen betrachtet. Nachfolgend werden die Ergebnisse aus Studien zur Untersuchung des GZF beim Laden von Elektrofahrzeugen zusammengefasst. Gleichzeitigkeitsfaktor für verschiedene

Gleichzeitigkeitsfunktion

Ladeleistungen

Abbildung 26: Gleichzeitigkeitsfaktor für verschiedene Ladeleistungen; links: (ef. Ruhr, 2021) rechts: (Agora Verkehrswende, Agora Energiewende, Regulatory Assistance Project (RAP), 2019)

Aus den Studien ist abzuleiten, dass der GZF mit zunehmender Anzahl von Ladepunkten abnimmt. Für die Netzdimensionierung ist jedoch nicht der GZF an sich relevant, sondern der resultierende Leistungsbetrag, der sich aus der Multiplikation von GZF, Ladepunktanzahl und Ladeleistung ergibt. Dieser steigt mit zunehmender Anzahl von Ladepunkten an. Zusätzlich nimmt der GZF mit steigender 27


Rahmenbedingungen Ladeleistung ab. So ist der GZF bei einer hohen Anzahl von Ladepunkten mit einer Ladeleistung von 3,7 kW höher als bei derselben Anzahl von Ladepunkten mit einer Ladeleistung von 22 kW, wobei der resultierende Leistungsbetrag bei Ladepunkten mit 22 kW trotzdem höher ist. Erwähnt wird in der Studie von Agora Verkehrswende, dass netzdienliches unidirektionales Laden die Spitzenlast und somit den Netzausbaubedarf verringern kann, wobei zu beachten ist, dass der Netzausbau trotzdem eine wichtige Maßnahme darstellen wird, die auch stark durch andere Sektoren in der Energiewende getrieben wird (ef. Ruhr, 2021) (VDE (FNN), 2021) (SW Kiel, 2023) (Agora Verkehrswende, Agora Energiewende, Regulatory Assistance Project (RAP), 2019). Um neben dem unidirektionalen Laden auch den Einfluss des bidirektionalen Ladens auf die Netzauslastung zu bewerten, werden ebenfalls zwei Studien herangezogen. Eine Studie der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e. V. (FfE) untersucht die „Auswirkungen von hinter dem Zähler optimierten bidirektionalen Elektrofahrzeugen auf die Belastung des Verteilungsnetzes“ (Müller et al., M., 2022). Diese Auswirkungen wurden anhand von mehr als 1.200 real existierenden Niederspannungsnetzen mit bekannter tatsächlicher Last untersucht.

Abbildung 27: Maximale und minimale gleichzeitige Leistung pro EV und Netz für 2040; (Müller et al. M. , 2022)

Variable Strompreise (bidi, var) führen, wie zu erkennen in Abbildung 27, zu einer deutlich höheren gleichzeitigen Ladeleistung als einheitliche Preise (bidi, fix). Dies entsteht durch die gleichzeitige Ladung aller Elektrofahrzeuge zu Zeiten mit niedrigen Preisen. Variable Strompreise führen zudem zu einer höheren Entladeleistung. Elektrofahrzeuge halten den gespeicherten Strom vor, bis ein Preismaximum erreicht wird und starten dann den Entladevorgang. Insgesamt führt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Elektrofahrzeuge über ein erhebliches Flexibilitätspotenzial verfügen und eine zeitliche Verschiebung der Ladevorgänge möglich ist. Trotzdem können bei der marktorientierten Ladung Impulse, wie hohe Börsenstrompreise, zu höherer Gleichzeitigkeit der Entladung führen, wenn alle Elektrofahrzeuge dem gleichen Preissignal folgen (Müller et al., M., 2022). Eine weitere Studie der Technischen Universität Berlin untersucht die „Herausforderungen bei der Netzintegration von Elektrofahrzeugen in städtischen und ländlichen Gebieten“ (Gemassmer et al., 28


Rahmenbedingungen 2021). In der Arbeit wird ermittelt, wie sich die Integration von Elektrofahrzeugen in das Stromnetz in städtischen und ländlichen Gebieten auswirkt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass rein marktorientiertes Laden zu erheblichen Lastspitzen und somit zu einer hohen Netzbelastung führt (Gemassmer et al., 2021). Preissignale müssten auch die lokale Netzsituation, wie z. B. Spannungsüberschreitung und Überlastung von Netzkomponenten, berücksichtigen, wobei die Umsetzung solcher lokalen Preissignale in dem durchgeführten Expertenworkshop als nicht realistisch eingeschätzt wurde (Expertenworkshop, 2023). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass marktorientiertes Laden oder Entladen zu hoher Gleichzeitigkeit führen kann. Dies stellt eine große Herausforderung insbesondere für das Verteilnetz dar, da es dort keine Systemdienstleistungen, wie die Regelleistung im Übertragungsnetz, zum Ausgleich gibt. Daher sollte perspektivisch vor allem die lokale Netzsituation bei marktorientierten Impulsen, die zu einer hohen Gleichzeitigkeit führen können, berücksichtigt werden. Aus den Ergebnissen der oben betrachteten Studien werden im Folgenden Szenarien abgeleitet und verglichen, die eine Variation der Gleichzeitigkeit bei einer Rückspeisung durch verschiedene Anreize darstellen. Das erste Szenario bezieht sich auf den Gleichzeitigkeitsfaktor, der durch unregulierte Anreize entstehen kann. Hierbei werden die Anreize des Entladens in das öffentliche Stromnetz ausschließlich marktorientiert am Börsenstrompreis betrachtet, ohne Berücksichtigung der lokalen Netzauslastung.

Abbildung 28: Anreize und GZF-Szenario 1 „Unreguliert“; (Epex Spot, 2022, 2019)

Da in diesem Szenario alle angeschlossenen und verfügbaren Fahrzeuge auf einen Anstieg des Börsenstrompreises reagieren, kann eine Gleichzeitigkeit von 100 % bei der Entladung zu Zeiten eines überdurchschnittlichen hohen Strompreises entstehen. Dies kann, abhängig von der kumulierten Entladeleistung, zu lokalen Netzüberlastungen führen. Im zweiten Szenario werden neben den marktbasierten Anreizen auch lokale Belastungen berücksichtigt. Dabei reagieren Fahrzeuge auf den Börsenstrompreis, wobei der Netzbetreiber teilweise durch lokale Eingriffe (vgl. § 14a EnWG) die Entladeleistung reduzieren könnte.

29


Rahmenbedingungen

Abbildung 29: Anreize und GZF-Szenario 2 „Marktbasiert mit lokalen Eingriffen“; 1: (Epex Spot, 2022, 2019)

Der Verteilnetzbetreiber (VNB) kann in diesem Szenario bei einer lokalen Netzbelastung teilweise eingreifen und die Entladung verhindern. Somit kann der Gleichzeitigkeitsfaktor zu diesen Zeiten reduziert werden und das lokale Netz wird entlastet. Im dritten Szenario wird ausschließlich die lokale Netzsituation berücksichtigt. Die Entladung in das öffentliche Verteilnetz basiert ausschließlich auf lokalen Preissignalen. Diese kann perspektivisch zum Beispiel über variable Netzentgelte (vgl. § 14a EnWG) erfolgen. Bei Transformatorüberlastungen und Spannungsbandverletzungen werden keine Entladungen in das öffentliche Stromnetz zugelassen. Dabei ist die maximale Auslastung der Stromtrassen und Transformatoren in dem spezifischen Verteilnetz zu betrachten, die stark von der Anzahl der Netzanschlüsse und der Auslegung der lokalen Betriebsmittel abhängt. Zusätzlich muss in dieser Betrachtung neben Elektroautos zukünftig auch der Leistungsbedarf anderer Verbraucher wie z. B. Wärmepumpen berücksichtigt werden. In diesem Szenario wird idealerweise durch die lokalen Signale ein Gleichzeitigkeitsfaktor von 1 zu jeder Zeit vermieden. Dies kann beispielsweise perspektivisch über variable Netzentgelte geschehen, die mit Berücksichtigung der aktuellen lokalen Netzsituation gebildet werden.

30


Rahmenbedingungen DEEP DIVE AC- vs. DC-bidirektionales Laden Bidirektionales Laden ist technisch sowohl mit Wechselstrom (AC) als auch mit Gleichstrom (DC) realisierbar. Im Fall der bidirektionalen AC-Technologie wird ein bidirektionaler On-Board-Charger im Fahrzeug notwendig. Die Herausforderung hier ist, dass die Netzkonformität wegen der fehlenden Übertragung von Netzanschlussparametern nicht gegeben ist. Hingegen ist bei der bidirektionalen DC-Technologie die Netzkonformität durch die DC-Wallbox vollständig gegeben. Daher bietet DC im V2G-Kontext momentan mehr Vorteile für die technische Umsetzung und wird von deutschen Automobilherstellern favorisiert.

Abbildung 30: Systemaufbau AC- und DC-Laden/Entladen; eigene Darstellung

Die Abbildung zeigt den Unterschied der Energieflüsse zwischen AC und DC. Beim AC-Laden erfolgt der Weg im Fahrzeug über den On-Board-Charger, der dann die Wandlung auf DC vornimmt. Beim DC-Laden erfolgt die Wandlung bereits in der Wallbox. Die zukünftige Entwicklung hängt von den Marktteilnehmern ab: Insbesondere Fahrzeughersteller treiben bidirektionale DC-Ladelösungen voran. Nur wenige fokussieren sich ausschließlich auf AC-Ladelösungen. Nach der Veröffentlichung der ISO 15118-20 werden nun erste Fahrzeugmodelle für das bidirektionale Laden befähigt.

Regulatorische Rahmenbedingungen Um die praktische Anwendung von bidirektionalem Laden im deutschen Rechtsrahmen zu realisieren, sind regulatorische und gesetzliche Vorgaben anzupassen. Diese umfassen einerseits die gesetzlichen Gegebenheiten, die heute teilweise noch die Anwendung von bidirektionalem Laden verhindern, und andererseits die technischen Voraussetzungen, die durch Normen und Standards definiert werden. Beide Kategorien sind wichtig für eine einheitliche Umsetzung der Technologie. Nachfolgend wird eine Zusammenfassung des gesetzlichen Rahmens für bidirektionales Laden erstellt. Die gesetzlichen Vorgaben stellen die Rahmenbedingungen für die rechtlich korrekte Umsetzung von bidirektionalem Laden in Deutschland dar. 31


Rahmenbedingungen Rechtlich stehen dem Einsatz von Vehicle-to-Home und Vehicle-to-Building (V2B) keine Hindernisse im Wege, d. h., diese Formen des bidirektionalen Ladens lassen sich heute bereits ohne regulatorische Hindernisse umsetzen. Eine Herausforderung ist allerdings die missbräuchliche Nutzung des Ladens beim Arbeitgeber nicht oder nicht ausschließlich zum Zwecke des Fortbewegens des Dienstfahrzeugs, sondern zur Versorgung von Haushaltsgeräten oder der Rückspeisung ins Elektrizitätsversorgungsnetz gegen Zahlung eines reduzierten Netzentgelts im privaten Haushalt. Auf die Gefahr des Missbrauchs und mögliche Lösungen wird im Rahmen der Ausführungen zum Einkommensteuerrecht eingegangen. Definition mobile Speicher – § 3 EnWG2 Die vielfach geäußerte Forderung der Aufnahme einer Definition des mobilen Speichers in § 3 EnWG ist nur dann erforderlich, wenn sich daraus Folgerungen für andere Vorgaben des EnWG ergeben, die sich bislang ausschließlich an stationäre Speicher richten und die zu einer Diskriminierung führen würden, wenn eine entsprechende Gleichstellung nicht erfolgt. Der Vorschlag ist, die allgemeine Definition so zu formulieren, dass sie sowohl für stationäre als auch für bidirektionale Speicher zutrifft: „Energiespeicherung ist das Verschieben der endgültigen Nutzung auf einen späteren Zeitpunkt als den ihrer Erzeugung oder die Umwandlung elektrischer Energie in eine speicherbare Energieform oder die Speicherung solcher Energie und ihre anschließende Rückumwandlung in elektrische Energie.“

Netzdienlicher Einsatz gemäß § 14a EnGW, Flexibilitätsdienstleistung, § 14c EnWG Weitergehend wird die Gestaltung der Netzentgelte im EnWG geregelt, die für die Wirtschaftlichkeit von bidirektionalen Anwendungen relevant sein kann (§ 14a EnWG). § 14a EnWG legt seit der Novellierung von 2023 sinnvollerweise den Fokus bei der Ladeinfrastruktur nur noch auf private Ladepunkte („nicht öffentlich zugängliche Ladepunkte“) als eine steuerbare Verbraucheinrichtung (SteuVE) in der Niederspannung. Der Grundgedanke des § 14a EnWG ist, dass dieser zur Anwendung kommt, wenn kritische Netzsituationen im Niederspannungsnetz eintreten oder diese erwartbar sind. In diesem Fall hat der Netzbetreiber das Recht, eine sogenannte netzorientierte Steuerung durchzuführen. Ladepunkte können damit „netzdienlich“ agieren, d. h. in Abhängigkeit der lokalen Netzauslastung Strom beziehen. Die Ermittlung eines netzkritischen Zustands erfolgt mittels einer Netzzustandsermittlung. Durch ein Steuerungssignal wird dem Anschlussnehmer signalisiert, dass er seine Leistung zu reduzieren hat. Die konkrete Reduktion der Leistung kann dann entweder über ein internes Energiemanagement erfolgen, das selbst die Abregelung der Verbraucher hinter dem Netzanschlusspunkt koordiniert, oder durch einen Direktanschluss der SteuVE, deren Leistung direkt gedrosselt wird. Wichtig ist, dass eine Drosselung der Leistung durch den Netzbetreiber ausschließlich

2 Stand: Artikel 1 des Gesetzes vom 07.07.2005 (BGBl. I S. 1970, ber. S. 3621), in Kraft getreten am 13.07.2005, zuletzt geändert

durch Gesetz vom 26.07.2023 (BGBl. I S. 202) m. W. v. 03.08.2023.

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Rahmenbedingungen bei kritischen Netzsituationen zulässig ist und nicht, um Flexibilitätspotenziale der Kund:innen zu erheben. Durch die Teilnahme am § 14a EnWG sollen Betreiber von SteuVE aber eine Entlastung über die Netznutzungsentgelte erhalten. Der Anschlussnehmer hat die Wahl zwischen zwei Modulen der Netzentgeltreduzierung. Modul 1 sieht eine jährliche Netzentgeltreduzierung (ca. 110–190 €/a) und eine sogenannte netzbetreiberindividuelle Stabilitätsprämie vor. Ein negatives Entgelt darf nach den BNetzA-Vorgaben nicht entstehen, die Grenze liegt somit bei einem Netzentgelt von 0 €. Alternativ kann der Anschlussnehmer das Modul 2 wählen, das eine Reduzierung des Arbeitspreises (ct/kWh) vorsieht. Diese wird bundesweit auf 60 % für die Entnahme ohne Lastgangmessung durch steuerbare Verbrauchseinrichtungen festgelegt. Es gilt nur ein Grundpreis je Betreiber steuerbarer Verbrauchseinrichtungen beziehungsweise je Netzanschlusspunkt. Für Leistungen, die über einen separaten Zählpunkt bezogen werden, wird kein zusätzlicher Grundpreis erhoben. Die pauschale Reduzierung ist auf Rechnung des Stromlieferanten an den Betreiber steuerbarer Verbrauchseinrichtungen transparent auszuweisen (§ 40 Abs. 3 Nr. 4 EnWG). Optional kann das Modul 2 in Kombination mit dem Modul 1 in Anspruch genommen werden, wenn der Anschlussnehmer ein variables Netzentgelt wünscht. Es gelten feste, jährliche Zeitfenster (täglich mind. 2 Std.). Die Ausgestaltung der Höhe obliegt dem Verteilnetzbetreiber. Garantiert wird in dem Vorschlag für die Novellierung des § 14a EnWG weiterhin eine Mindestbezugsleistung von 4,2 kW. Stromspeicher ab einer Leistung von 4,2 kW werden zwar von der Regelung des § 14a EnWG erfasst – da sich § 14a EnWG jedoch ausdrücklich nur an Verbrauchseinrichtungen richtet und zudem auf den Anlage-Begriff und damit auf eine ortsfeste Einrichtung verweist, sind bidirektionale Speicher bislang von der Anwendung des § 14a-EnWG-Regimes ausgeschlossen. Anregung: Als Vorschlag wird hier die Gleichstellung mobiler Stromspeicher in § 14a EnWG und stationärer Stromspeicher gebracht, um eine Reduzierung der Netzentgelte auch für mobile Speicher gelten zu lassen. Eine Forderung darüber hinaus würde als unsachgerechte Privilegierung gelten. Für Einspeisungen gelten ohnehin keine Entgelte. Werden mobile Stromspeicher hingegen nicht als Verbrauchsanlagen eingestuft, entfaltet § 14a EnWG keinerlei Wirkung für sie und die Netzentgeltreduzierung entfällt. Als Anregung gilt somit: Neben der Steuerung des Verbrauchs sollte auch die Steuerung der Einspeisung von elektrischer Energie aus Ladepunkten/mobilen Stromspeichern berücksichtigt werden. Die Vorschrift des § 14c EnWG passt systemisch genauso gut oder gar besser als § 14a EnWG zum Einsatz mobiler Speicher. Systemisch wäre ein Nutzen dann spürbar, wenn ganze Stränge mobiler Speicher im Niederspannungsnetz gebündelt durch Aggregatoren so gesetzt würden, dass sie 33


Rahmenbedingungen Lastspitzen abfedern und Netzausbau verhindern könnten. Allerdings führt die Vorschrift des § 14c EnWG bislang eine „Dornröschenschlaf-Existenz“, indem sie praktisch nicht genutzt wird. Es fehlt – anders als in § 14a EnWG – ein Anreiz für die Betreiber von Flexibilitätsdienstleistungen (im Falle der mobilen Speicher der Fahrzeugnutzer:innen), diese einzusetzen. Auch sehen möglicherweise Verteilnetzbetreiber keinen Anreiz, da sie auf Niederspannungsebene die flexiblen Dienstleistungen mangels digitaler Ausstattung der Netze nicht so einbinden können, dass ein systemischer Vorteil spürbar würde. Befreiung von Netzentgelten – § 118 EnWG Laut § 118 Abs. 6 EnWG sind neu errichtete Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie für einen Zeitraum von 20 Jahren ab Inbetriebnahme hinsichtlich des Bezugs der zu speichernden elektrischen Energie von den Entgelten für den Netzzugang freigestellt. Eine beschränkte Anwendung dieser Vorschrift lediglich auf Pumpspeicher und nicht auch auf kleine ortsfeste oder mobile Speicher lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzesbegründung oder einer Auslegung nach Sinn und Zweck nehmen. Die Gesetzesbegründung enthält hinsichtlich des Anwendungsbereichs des § 118 Abs. 6 EnWG eine Abgrenzung zu den § 14a-Anlagen in der Niederspannung (keine Anwendung auf Elektromobile im Sinne von § 14a EnWG). Eine solche Abgrenzung wäre nicht notwendig, wenn ohnehin nur Speicher mit Hochspannungsanschlüssen zur Anwendung kommen sollen. Leider fehlt es an einer entsprechenden Begründung dafür, dass § 14a Anlagen nicht in den Anwendungsbereich von § 118 Abs. 6 EnWG fallen. Möglicherweise sollte nur für ein Szenario entweder § 118 Abs. 6 oder § 14a EnWG und damit nur eine Form der Privilegierung bei den Netzentgelten gelten. Aufgrund der geplanten BNetzA-Festlegung zu § 14a EnWG werden künftig Speicher ab 4,2 kW mit einem Netzanschluss als § 14a-Anlage definiert. Da die bisherige Freiwilligkeit einer Teilnahme an § 14a EnWG entfällt, würde das für die Speicher bedeuten, dass sie aus diesem Grund keine Netzentgeltreduzierung nach § 118 Abs. 6 EnWG in Anspruch nehmen dürften. Bislang sind allerdings mobile Speicher weiterhin aufgrund des „Anlage“-Begriffs von der Anwendung des § 14a EnWG ausgeschlossen, da der Begriff Anlage, wie aus der Speicherdefinition im StromStG deutlich wird, eine ortsfeste und damit statische Einrichtung bezeichnet. Aufgrund dessen würden mobile Speicher bislang weder unter § 14a EnWG noch unter § 118 Abs. 6 EnWG fallen. Dies folgt auch daraus, dass die Netzentgeltbefreiung nach § 118 Abs. 6 EnWG nur gewährt wird, wenn die elektrische Energie zur Speicherung – zeitlich verzögert – wieder „in dasselbe Netz“ wie bei der Entnahme eingespeist wird. Die Anforderung „in dasselbe Netz“ stellt eine weitere Hürde für mobile Speicher dar. Anregung: 1. Mobile Stromspeicher müssen eindeutig mit unter den Anwendungsbereich des § 118 Abs. 6 EnWG fallen. Dies kann durch Anknüpfen an die geänderte Definition des Speicher-Begriffs 34


Rahmenbedingungen glücken, wenn dieser in Zukunft – wie hier vorgeschlagen – an die Funktion anknüpft und nicht an den Anlage-Begriff. 2. Denkbar ist eine zusätzliche Vorgabe hinsichtlich des Zeitraums der Rückspeisung in ein Verteil/Transportnetz: „innerhalb eines Kalenderjahres“. 3. Statt der Vorgabe „in dasselbe Netz“ sollte es in § 118 Abs. 6 Satz 3 EnWG heißen: „in ein Transport- oder Verteilnetz.“ „Die Freistellung nach Satz 1 wird nur gewährt, wenn die elektrische Energie […] aus einem Transport- oder Verteilernetz entnommen und die zur Ausspeisung zurückgewonnene elektrische Energie zeitlich verzögert wieder in dasselbe Netz „in ein Transport- oder Verteilnetz“ eingespeist wird.“ Konzessionsabgaben – § 48 EnWG Wie

in

§ 48

EnWG

definiert,

richtet

sich

die

Konzessionsabgabe

(KA)

an

Energieversorgungsunternehmen, die die Pflicht haben, eine KA an Gemeinden für die Nutzung öffentlicher Infrastruktur zur Verlegung und den Betrieb von Leitungen für die unmittelbare Versorgung von Letztverbrauchern zu zahlen. Die Konzessionsabgabe ist Teil des Strompreises, den der Verbraucher und damit auch ein Ladepunktbetreiber (z. B. Arbeitgeber oder der Einfamilienhausbesitzer) zu entrichten hat. Bislang ist kein Speicherprivileg in § 48 EnWG geregelt. Die besondere Herausforderung besteht darin, dass für einen Ein- und Ausspeiseort unterschiedliche Konzessionsabgaben zu zahlen sind, z. B. bei Einspeisung (Laden) beim Arbeitgeber und Ausspeisung (Entladen) zu Hause (oder umgekehrt). Entsprechendes gilt im Falle der Einspeisung in Gemeinde X und Ausspeisung in Gemeinde Y. Unterschiedlich hohe Konzessionsabgaben an unterschiedlichen Ladeorten verursachen einen hohen bürokratischen Aufwand und eine Doppelabgabe, was in der Praxis zu einer abrechnungstechnisch mit nicht mehr vertretbarem Aufwand verbundenen Hürde führt. Als Lösung wird vorgeschlagen, in § 48 Abs. 1 EnWG eine Regelung für zwischengespeicherten Strom zu schaffen – durch Einfügen der Sätze 3 und 4, wodurch bidirektional in das Energieversorgungsnetz eingespeister Strom von der KA-Abgabe befreit wird: „(1) Konzessionsabgaben sind Entgelte, die Energieversorgungsunternehmen für die Einräumung des Rechts zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die der unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet mit Energie dienen, entrichten. Eine Versorgung von Letztverbrauchern im Sinne dieser Vorschrift liegt auch vor, wenn ein Weiterverteiler über öffentliche Verkehrswege mit Elektrizität oder Gas beliefert wird, der diese Energien ohne Benutzung solcher Verkehrswege an Letztverbraucher weiterleitet.

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Rahmenbedingungen Der Strom, der zum Zwecke der elektrischen, chemischen, mechanischen oder physikalischen Zwischenspeicherung entnommen und als elektrische Energie wieder abgeben wird, gilt nicht als unmittelbare Letztverbraucherversorgung im Sinne von Satz 1 und 2. Für den in das Energieversorgungsnetz abgegebenen Strom im Sinne von Satz 3 gilt eine Befreiung von der Entrichtung der Konzessionsabgaben.“

Einer darüber hinausgehenden Anpassung der Konzessionsabgabenverordnung (KAV) bedarf es nicht, da die KAV dem EnWG nachgelagert ist, indem sie sich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 48 EnWG stützt. Stromsteuergesetz (StromStG3)/ Stromsteuerverordnung (StromStV4) Nach der Definition in § 2 Nr. 9 StromStG ist ein stationärer Batteriespeicher ein solcher, der „während des Betriebs ausschließlich an seinem geografischen Standort verbleibt, dauerhaft mit dem Versorgungsnetz verbunden und nicht Teil eines Fahrzeuges ist. Der geografische Standort ist ein durch geografische Koordinaten bestimmter Punkt.“ Da die Batterie bei mobilen Speichern Teil des Fahrzeugs ist, lässt sich somit diese Definition wegen der fehlenden dauerhaften Netzverbundenheit nicht auf das Elektrofahrzeug übertragen. In der Folge gelten auch die an die Definition anknüpfenden Privilegierungen nicht für mobile Batteriespeicher. So gelten nach § 5 Abs. 4 StromStG stationäre Batteriespeicher, „die dazu dienen, Strom vorübergehend zu speichern und anschließend in ein Versorgungsnetz für Strom einzuspeisen (…), als Teile dieses Versorgungsnetzes.“ Das heißt, sie gelten nicht als Versorger und unterliegen damit nicht der Stromsteuerpflicht. Sie werden damit gegenüber mobilen Batteriespeichern privilegiert. Nach den Stromsteuerbefreiungstatbeständen ist Strom aus einer Erneuerbare-Energien-Anlage bis zu 2 MW, der durch den Betreiber der Anlage zum Selbstverbrauch (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG) oder zur Stromerzeugung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG) entnommen wird, von der Stromsteuer befreit. Strom, der hingegen zur Einspeisung entnommen wird, ist mit einer Stromsteuer belegt (§ 9 Abs. 1a StromStG). Die Zwischenspeicherung in Fahrzeugen (mobilen Speichern) und die anschließende Rückspeisung ist nicht stromsteuerbefreit. Dadurch entsteht eine Doppelbelastung, da Strom durch eine nicht stationäre Anlage bezogen wird (Elektrofahrzeug) und die Einspeisung wiederum mit einer Stromsteuer belegt ist (§ 9 Abs. 1a). Es wird daher der folgende Anpassungsbedarf gesehen:

3 Stand: Artikel 1 des Gesetzes vom 07.07.2005 (BGBl. I S. 1970, ber. S. 3621), in Kraft getreten am 13.07.2005, zuletzt geändert

durch Gesetz vom 26.07.2023 (BGBl. I S. 202) m. W. v. 03.08.2023. 4 Stand: Stromsteuer-Durchführungsverordnung vom 31.05.2000 (BGBl. I S. 794), die zuletzt durch Artikel 6 der Verordnung vom 11.08.2021 (BGBl. I S. 3602) geändert worden ist.

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Rahmenbedingungen 1. Speicherdefinition in § 2 Nr. 9 StromStG: Ausdehnung auf mobile Stromspeicher (nicht anknüpfend an den Anlage-Begriff und keine Erfordernis der dauerhaften Verbundenheit mit dem Stromversorgungsnetz). 2. Eine Ausdehnung des § 5 Abs. 4 StromStG auch auf mobile Batteriespeicher würde systematisch keinen Sinn ergeben. Der mobile Speicher bewegt sich und kann daher nicht Teil des Versorgungsnetzes sein. 3. Wichtig wäre vor allem (und von der Systematik der übrigen Befreiungstatbestände der Stromsteuer her auch geboten), dass ein neuer Befreiungstatbestand in § 9 StromStG für mobile Speicher für die Anwendungsfälle der Elektromobilität einschließlich des Anwendungsfalls des V2G aufgenommen wird. Da in § 5 Abs. 1a Nr. 1 StromStG geregelt ist, dass die Stromsteuer nicht entsteht, wenn Strom nach diesem Gesetz von der Steuer befreit ist, wäre durch eine neue Nummer 2a in dem Steuerbefreiungstatbestand des § 9 klargestellt, dass die Anwendungsfälle der Elektromobilität –einschließlich des V2G – steuerbefreit sind. Systematisch passt diese Steuerbefreiung zu den Befreiungen in Nummer 1 (Strom aus EE-Anlagen/Selbstverbrauch) und zu Nummer 2 (Strom zur Stromerzeugung). Es wird daher die Aufnahme eines neuen Tatbestandes in § 9 StromStG als Abs. 1 Nr. 2a vorgeschlagen: „§ 9 Steuerbefreiungen, Steuerermäßigungen (1) Von der Steuer ist befreit: 2a) Strom, der zum Aufladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs genutzt und verbraucht wird, sowie solcher Strom, der nach einer Zwischenspeicherung in einem (mobilen) Stromspeicher an das Energieversorgungsnetz abgegeben wird.“

Anmerkung: Strom ist bislang nicht nach § 9 Abs. 1 Nummer 1 StromStG von der Steuer befreit, wenn er in ein Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist wird. Die Regelung in § 9 Abs. 1a StromStG ist zu streichen, da dadurch bislang jegliche Einspeise-/Rückspeisevorgänge der Stromsteuer unterworfen werden. Die Streichung ist konsequent zu den hier vorgeschlagenen Anpassungen des Abs. 1 Nr. 1 beziehungsweise der Neueinfügung von Nr. 2a durchzuführen: § 9 Abs. 1a: „Strom ist nicht nach Abs. 1 Nummer 1 von der Steuer befreit, wenn er in ein Netz der allgemeinen Versorgung mit Strom eingespeist wird.“ Generell besteht für die Sachverhalte der Elektromobilität durch die Rechtsanwendung in Form der Auslegung von § 1a Abs. 2 StromStV durch die Generalzolldirektion und das Hauptzollamt Nürnberg aktuell die Problematik, dass die Regelung des § 1a Abs. 2 Nr. 2 StromStV nicht als ausreichend angesehen wird, um an Ladepunkte/Elektrofahrzeuge durch Elektromobilitätsbetreiber gelieferten Strom nicht als stromsteuerbefreit zu betrachten. Es sollte keine Spezialregelung für mobile Speicher geschaffen, sondern eine allgemeine Regelung aufgenommen werden, die klarstellt, dass es sich am Ladepunkt stromsteuerrechtlich um Letztverbrauch handelt. Es wird daher angeregt, in § 1a Abs. 2 StromStV den Anwendungsfall Nummer 2 zu streichen: 37


Rahmenbedingungen „(2) Wer ausschließlich nach § 3 des Gesetzes zu versteuernden Strom bezieht und diesen ausschließlich

1. […] 2. zur Nutzung für die Elektromobilität oder 3 2 […], als Letztverbraucher leistet, gilt nicht als Versorger, sondern als Letztverbraucher im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes.“

Anregung: Die bisherige Nummer 3 würde dann Nummer 2 werden. Stattdessen sollte die folgende neue Regelung eines Absatzes (2a) aufgenommen werden. In diese könnte der Anwendungsfall des V2G mitaufgenommen werden: „(2a) Wer ausschließlich nach § 3 des Gesetzes zu versteuernden Strom bezieht und diesen zur Nutzung für die Elektromobilität als Letztverbraucher leistet, gilt nicht als Versorger, sondern als Letztverbraucher im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes. Entsprechendes gilt für denjenigen, der nach § 3 des Gesetzes zu versteuernden Strom bezieht und diesen nach einer Zwischenspeicherung in einem mobilen Speicher an das Energieversorgungsnetz abgibt.“

Einkommensteuerrecht (EstG5) § 3 Nr. 46 Einkommensteuergesetz (EstG) regelt die Steuerfreiheit (kein geldwerter Vorteil) für Ladestrom, der beim Arbeitgeber beziehungsweise durch einen Dienstwagen an einem heimischen Ladepunkt bezogen wird. Dass der beim Arbeitgeber geladene Strom keinen geldwerten Vorteil darstellt, stellt eine Privilegierung zugunsten der Elektromobilität dar, die als Anreiz für die Phase des Markthochlaufs gelten soll. Für die Privilegierung besteht also eine sachliche Rechtfertigung. Dies stellt keine ungerechtfertigte Steuerermäßigung dar. Die Steuerbefreiung ist befristet bis Ende 2030. Missbräuchlich wäre es allerdings, wenn der beim Arbeitgeber bezogene Strom, der für Dienstfahrten dient, stattdessen zur Stromversorgung der Haushaltsgeräte (Spül-, Waschmaschine etc.) des Arbeitnehmers eingesetzt oder durch diesen in das Verteilnetz gegen Zahlung einer Vergütung eingespeist würde. Bislang sind an einen solchen missbräuchlichen Strombezug keine ausdrücklichen Konsequenzen geknüpft. Anregung: Ein Missbrauch lässt sich vor allem vertragsrechtlich in der Dienstwagenvereinbarung regeln, indem dort ein festes Kontingent vereinbart wird, das dem Nutzungsverhalten für die Dienstfahrten entspricht. Wird dieses laufend (deutlich) überschritten, deutet dies darauf hin, dass der Arbeitnehmer „überflüssigen“ Strom lädt, um diesen dann privat als V2G oder V2H zu nutzen. Dies wäre ein (widerlegbarer) Missbrauch durch den Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber, den der Arbeitnehmer

anhand

konkreter

Gegenbeweise

entkräften

müsste.

Zusätzlich

zu

der

5 Stand: in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.10.2009 (BGBl. I S. 3366), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2022

(BGBl. I S. 2730) m. W. v. 01.01.2023.

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Rahmenbedingungen vertragsrechtlichen Regelung sollte der Straftatbestand des Stromdiebstahls (§ 248c Abs. 1 StGB) in Bezug auf die hier beschriebenen Konstellationen angepasst werden. Messstellenbetriebsgesetz (MsbG6) Um eine Teilnahme am deutschen Energiemarkt zu ermöglichen, ist eine viertelstundengenaue Abrechnung mittels eines intelligenten Messsystems gemäß TEF7 als Messwerterfassung erforderlich (§§ 19, 29–31 MsbG, §§ 9, 10 EEG). Der Einzug einer intelligenten Messwerterfassung auf der Niederspannungsebene ermöglicht eine bessere Kontrolle über die Umsetzung und Verarbeitung der Zählerstandsgangmessungen durch die Verteilnetzbetreiber. Grünstromnachweis (§ 42 EnWG, § 79 EEG 20237) Die Eigenschaft des Stroms ist gegenüber Letztverbrauchern im Rahmen der Stromkennzeichnung nach Maßgabe § 79 Abs. 5 EEG 2023 und § 42 EnWG auszuweisen. Die Anforderung der Stromkennzeichnung führt bei Strom, der z. B. beim Arbeitgeber geladen wurde (als Grünstrom), und bei Strom, der aus einer öffentlichen Ladeeinrichtung (als Graustrom) und/oder aus einer eigenen PV-Anlage (als Grünstrom) geladen wurde, und/oder aus dem Energieversorgungsnetz zwischengespeichertem Strom zu einem sehr schwer überwindbaren bürokratischen Aufwand. § 42 EnWG verlangt für die Abrechnung von Strom das Ausweisen des Stromanteils aus erneuerbaren Energien (Trennung Grau-/Grünstrom). In Fällen unterschiedlicher Ein- und Ausspeiseorte, z. B. bei einer Einspeisung (Aufladevorgang) beim Arbeitgeber oder an einem öffentlichen Ladepunkt (Graustrom) sowie beim Laden zu Hause aus einer PV-Anlage (Grünstrom) hat sich der Strom in der Batterie vermischt. Es erfolgt eine Rückspeisung des vermengten Stroms. § 42 EnWG greift für die Abrechnung gegenüber Letztverbrauchern. Da der Ladepunkt nach § 3 Nr. 25 EnWG als Letztverbrauch gilt, ist gegenüber den Fahrzeugnutzer:innen § 42 EnWG nicht anzuwenden. Das heißt, der Ladepunktbetreiber (CPO) beziehungsweise der Elektromobilitätsprovider (EMP) muss gegenüber den Fahrzeugnutzer:innen den EE-Anteil nicht ausweisen. Die Regelung gilt nur in dem Verhältnis des Stromlieferanten zum CPO. Eine Herausforderung besteht daher weniger in der Vorschrift des § 42 EnWG als in den Vorgaben der Bilanzierung und des Herkunftsnachweises (§ 79 EEG 2023). Anregung: Die Vorschrift des § 79 EEG 2023 (früher § 78 EEG) ist entsprechend anzupassen. Vorgeschlagen wird, mit einer „Grünstrom-Formel“ wie bei der THG-Quote gemäß § 37a Abs. 4 BImSchG zu arbeiten. Eine

6 Stand: Artikel 1 G. v. 29.08.2016 BGBl. I S. 2034 (Nr. 43); zuletzt geändert durch Artikel 2 G. v. 22.05.2023 BGBl. 2023 I Nr.

133. 7 Artikel 1 G. v. 21.07.2014 BGBl. I S. 1066 (Nr. 33); zuletzt geändert durch Artikel 4 G. v. 26.07.2023 BGBl. 2023 I Nr. 202.

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Rahmenbedingungen solche Regelung könnte in einem neuen § 79 Abs. 8 EEG aufgenommen werden. Ein hoher Anteil von erneuerbaren Energien im geladenen Fahrstrom sollte im Rahmen der THG-Quote entsprechend angerechnet werden, um zusätzliche Investitionen in die Grünstromerzeugung anzuregen. „§ 79 (8) EEG: Für den Anteil von Strom, der als „erneuerbare Energie“ zu kennzeichnen ist und in elektrisch betriebenen Fahrzeugen zwischengespeichert und anschließend wieder in das Energieversorgungsnetz abgegeben wird, gelten die wie folgt festgelegten Prozentsätze: 1. ab dem Kalenderjahr 2022 7 %, 2. ab dem Kalenderjahr 2023 8 %, 3. ab dem Kalenderjahr 2024 9,25 %, 4. ab dem Kalenderjahr 2025 10,5 %, 5. ab dem Kalenderjahr 2026 12 %, 6. ab dem Kalenderjahr 2027 14,5 %, 7. ab dem Kalenderjahr 2028 17,5 %, 8. ab dem Kalenderjahr 2029 21 %, 9. ab dem Kalenderjahr 2030 25 %.“

Die genannten Prozentsätze entstammen der Regelung in § 37a Abs. 4 BImschG. Für die Prozentsätze in der hier neu zu schaffenden Regelung des § 78 Abs. 8 EEG wird empfohlen, durchaus mit ehrgeizigeren Prozentsätzen zu arbeiten, die dem Ziel, dass Ladestrom zu 100 % aus Grünstrom stammen sollte, näherkommen. Diesbezüglich gibt es möglicherweise Studien, die einer solchen progressiven Steigerung zugrunde gelegt werden könnten. Es sollte hier nur aufgezeigt werden, dass ein solches Konstrukt ein gangbarer Weg für die anspruchsvolle Stromkennzeichnung sein könnte.

Normen und Standards zur technischen Umsetzung des bidirektionalen Ladens Neben den gesetzlichen Vorgaben sind Normen und Standards für die technische Umsetzung des bidirektionalen Ladens wichtig. Nur wenn Systeme herstellerübergreifend kommunizieren können, lassen sich Energieflüsse steuern und für den Anwendungsfall richtig nutzen. Die Standards für bidirektionales Laden sind in Deutschland beziehungsweise in Europa, bis auf die Umsetzung der ISO 15118 (-20) zur Kommunikation zwischen BEV und Ladesäule, noch nicht festgelegt. Dies hat zur Folge, dass derzeit nur proprietäre Systeme einzelner, aufeinander abgestimmter Hersteller umgesetzt werden können. Um das Potenzial des bidirektionalen Ladens voll auszuschöpfen, sollte weiter an der Anpassung und Umsetzung der Standards herstellerübergreifend gearbeitet werden. Dabei ist die Endezu-Ende-Durchgängigkeit der Kommunikation für alle Anwendungsfälle entscheidend. Eine grafische Darstellung relevanter Schnittstellen und Kommunikationsstandards im Bereich des bidirektionalen Ladens wird in Abbildung 31 aufgezeigt. Folgende Schnittstellen werden dabei ausgeführt. Kommunikation zwischen Elektrofahrzeug und Ladeinfrastruktur ISO 15118-20 gilt als Voraussetzung für das netzdienliche und bidirektionale Laden von Elektrofahrzeugen. Netzanschlussparameter sind aktuell in der ISO nicht berücksichtigt, womit die

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Rahmenbedingungen Übertragung der Netzparameter an den On-Board-Charger (OBC) im Fahrzeug im bidirektionalen ACFall undefiniert bleibt. Kommunikation zwischen Ladestation und EMS/iMSys beziehungsweise Smart Meter und Ladeinfrastruktur Zur Kommunikation zwischen Ladestationen und dem lokalen Energiemanagement unter Berücksichtigung von netzseitigen Anforderungen gibt es seit 2021 die VDE-Anwendungsregel AR-E 2122-1000. Diese Anwendungsregel ist am Netzanschlusspunkt deckungsgleich mit der VDE 2829-6. Zudem dient die Anwendungsregel als Grundlage für die Norm IEC 63380, die sich derzeit in Entwicklung befindet. Mit der Einführung der IEC 63380, die für 2025 erwartet wird, werden bidirektionale Use Cases implementiert. Modbus wird im Bestand häufig verwendet, ist jedoch aufgrund fehlender Datenmodelle und Beschreibungen der Use Cases nur in proprietären Beziehungen anwendbar. Kommunikation zwischen Ladeinfrastruktur und Ladestation-Management-System/Aggregator Die aktuelle Version OCPP 2.0.1 unterstützt noch kein bidirektionales Laden. Die Weiterentwicklung des offenen Protokolls OCPP 2.1 befindet sich in der Endphase und soll bidirektionales Laden unterstützen. Die IEC 63110 gilt als Erweiterung von OCPP unter Berücksichtigung von ISO 15118 sowie IEC 63119. Die Umsetzung der IEC 63110 ist noch nicht endgültig und wird derzeit diskutiert. Die Kommunikation mit dem Aggregator ist noch ungeklärt. Momentan werden überwiegend proprietäre API-Schnittstellen (Application Programming Interface) verwendet (FfE, 2023). Kommunikation zwischen iMSys beziehungsweise SMGW und Netzbetreiber Bezüglich der Kommunikation zwischen Ladestation und Stromnetz besteht noch Entwicklungsbedarf für bidirektionales Laden. In der Branche wird erwartet, dass die Normenreihe IEC 61850, deren Anwendung zur Stationsautomatisierung in der Energie- und Fernwirktechnik etabliert ist, eine Rolle spielen wird (FfE, 2023). Die Anwendungsregel VDE 2829-6-1 ist ein Kommunikationsprotokoll für die Schnittstelle

zum

elektrischen

Niederspannungsverteilnetz

an

der

Eigentumsgrenze

des

Anschlussnehmers. Für die Kommunikation zwischen lokalem Energiemanagementsystem und Ladeinfrastruktur ist sie kompatibel mit AR-E 2122-1000. Sie stellt ebenfalls die Use Cases, die in den alternativen Normen IEC 62746-10-1 (OpenADR) und IEC 61850 umgesetzt werden. Die VDE 2829-1 wird perspektivisch in die IEC TR 62746-2 überführt. Kommunikation zwischen Ladestation-Management-System/Aggregator und Netzbetreiber Die IEC 62746-10-1 (seit 2019: akkreditiert von OpenADR) wird als Protokoll für die Kommunikation bei Demand Response (DR) und Distributed Energy Resources (DER) verwendet, die vor allem für die Erbringung von Systemdienstleistungen (V2G) relevant sind. Zukünftig kann die Kommunikation mit dem Netzbetreiber alternativ über die IEC TR-61850 erfolgen. 41


Rahmenbedingungen Allgemein gilt für alle Schnittstellen, dass die hier beschriebenen Standards in ihren aktuell gültigen Versionen teilweise nur Smart-Charging-Funktionen für unidirektionales Laden beschreiben. In den aktuell in Arbeit befindlichen Versionen der hier genannten Standards werden die Anwendungen für bidirektionales Laden jedoch berücksichtigt. Neben den Normen für die Kommunikation der relevanten Systeme sind auch die Normen zur elektrischen Sicherheit zu berücksichtigen, um eine vollständige Interoperabilität und Sicherheit des Rückspeiseverbunds, bestehend aus Fahrzeug und Infrastruktur, zu gewährleisten. Für die Schnittstelle zwischen Fahrzeug und Ladeinfrastruktur sind im Wesentlichen die Normenreihen IEC 61851 und ISO 5474 zu überarbeiten. Der Zeitrahmen für die Überarbeitung ist noch lang, da diese auf internationaler Ebene stattfindet. Eine Veröffentlichung der Überarbeitung ist 2027 oder 2028 zu erwarten.

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Rahmenbedingungen

Abbildung 31: Normen und Standards für die technische Umsetzung des bidirektionalen Ladens; eigene Darstellung

43


Rahmenbedingungen Zusammen mit den genannten technischen Standards sind die Rahmenbedingungen für den Anschluss an das Verteilnetz für das Elektroauto beziehungsweise die Ladestation zu beachten. Für bidirektionales Laden sind erhöhte Anforderungen beim Netzanschluss einzuhalten. Einerseits muss die Ladeeinrichtung über die VDE-AR-N 4100 „Technische Anschlussregeln für Kundenanlagen am Niederspannungsnetz“ zertifiziert werden, was ebenfalls für unidirektionale Systeme erforderlich ist. Zusätzlich muss bei einer Rückspeisung in das öffentliche Stromnetz der Verbund aus Elektrofahrzeug und Ladeinfrastruktur (siehe Infokasten) nach der VDE-AR-N 4105 „Technische Anschlussregeln für Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz“ zertifiziert werden. Die technischen Anschlussregeln in Deutschland beziehen sich auf die Anforderungen der EU-Grid Codes und beschreiben das Regelwerk für den Zugang zum Stromnetz. Dementsprechend sehen viele nationale Vorgaben vor, dass ein neues System Zugang zum Netz erhalten muss, wenn die Bedingungen des Netzkodex erfüllt sind. Momentan berät die europäische Behörde ACER (European Union Agency for the Cooperation of Energy Regulators) über eine Aktualisierung der Netzanschlussbedingungen. Ziel ist es die Netz- und Systemregeln so zu gestalten, dass neue Entwicklungen wie E-Mobilität, Speicherung und Energiegemeinschaften berücksichtigt werden und dass das europäische Stromnetz weiterhin sicher betrieben wird. In den Vorschlägen zur Änderung wird der Betriebsmodus bidirektionales Laden (V2G) explizit erwähnt. Für Ladepunkte wird die Anwendung des bidirektionalen Ladens definiert, wobei der Ladepunkt dann sowohl als Verbraucher als auch als Erzeugungseinheit gilt. Ähnliche Überlegungen gibt es auch für den Netzanschluss von BEV mit eingebautem bidirektionalen AC/DC-Wandler, wodurch die Regulatorik für die bidirektionale AC-Technologie stark gefördert werden könnte. Die Vorschläge zur Änderung sollen bis Ende 2023 der Europäischen Kommission vorgelegt werden (ACER, 2022). Die nationale Umsetzung bleibt dennoch abzuwarten. Nur wenn die Anforderungen für den Netzanschluss von bidirektionalen On-Board-Chargern länderübergreifend einheitlich werden, wird für Fahrzeughersteller die Hürde zur Umsetzung der AC-Technologie genommen. INFOBOX Anforderungen bei AC-Technologie

Bei AC bidirektional muss das Gesamtsystem aus Wallbox und Fahrzeug-On-Board-Charger nach allen Aspekten der VDE-AR-N 4100 und VDE-AR-N 4105 zertifiziert sein. Dabei ist die Übertragung der Netzparameter zwischen ACWallbox und bidirektionalem On-BoardCharger derzeit noch nicht geregelt.

Zertifizierung erforderlich

Im Falle von DC bidirektional muss lediglich die bidirektionale Wallbox als einzelnes netzgekoppeltes Gerät die genannten Normen erfüllen.

44


Rahmenbedingungen DEEP DIVE Effizienz Neben den technischen Voraussetzungen ist die Effizienz von bidirektionalem Laden für die ökonomische Umsetzbarkeit ausschlaggebend. Diese ist besonders von der End-to-End-Effizienz der Anwendung V2H oder V2G abhängig. Problemstellung: Die Ladegeräte herkömmlicher BEV sind für eine Ladeleistung von 11 kW im optimalen Betriebspunkt ausgelegt. Die Grundlast der deutschen Haushalte beträgt in der Regel unter 1 kW Leistung. Das Laden beziehungsweise Entladen mit einer Leistung von 1 kW führt aufgrund der Abweichung von dem optimalen Betriebspunkt im OBC oder in der Wallbox zu einer geringen Effizienz. Zudem muss der Eigenverbrauch des Fahrzeugs, etwa für Steuergeräte, bei der Effizienzbetrachtung mitgerechnet werden. Der End-to-End-Wirkungsgrad wird aufgrund der geringen Entladeleistung und der Berücksichtigung des Eigenverbrauchs des Fahrzeugs für V2H gegenüber der Anwendung von V2G deutlich geringer ausfallen. Lösungsansatz: Die Lebensdauer elektronischer Steuergeräte muss deutlich verlängert werden, da die ständige Versorgung der Haushalte die derzeitige Lebensdauererwartung um ein Vielfaches übersteigt.

Die Grundlast der Haushalte beträgt in der Regel <1 kW. Die Entladung erfordert daher auch zwei effiziente Betriebspunkte bei 1 kW (V2H) und 11 kW (V2G).

Der Eigenverbrauch des Fahrzeugs sollte bei der Entladung auf ein Minimum reduziert werden.

Abbildung 32: Lösungsdreieck für Effizienzprobleme bei bidirektionalem Laden

Neben den genannten Verbesserungen können durch die zusätzliche Verwendung eines stationären Batteriespeichers die Systemeffizienz erhöht und die Betriebsstunden der E-Fahrzeuge reduziert werden, was den Verbrauch und den Verschleiß der Steuergeräte im Fahrzeug verringert. Durch kurzzeitige Rückspeisung mit hoher Leistung aus dem Fahrzeug in den Heimspeicher können betriebspunktbedingte Effizienzdefizite vermieden und Steuergerätebetriebszeiten reduziert werden. Zudem besteht die Möglichkeit, durch eine DC-Kopplung des Speichers – ohne zwischengelagerte Umwandlung in Wechselstrom – zusätzliche Effizienzvorteile zu heben. Alternativ besteht die Option, die Nennauslegung auf den Anwendungsfall V2H zu optimieren und mit leistungsschwächeren Umrichtern zu arbeiten. Das Problem der limitierten Steuergerätebetriebszeiten bleibt auch bei diesem Ansatz bestehen und kann nur im Rahmen der Fahrzeugauslegung gelöst werden. 45


Rahmenbedingungen

2.2 Nutzerbereitschaft Neben den technischen und regulatorischen Rahmenbedingungen ist die Akzeptanz der Technologie bei den Endkund:innen relevant, um das Potenzial ausschöpfen zu können. Da sich die meisten Fahrzeuge in Privatbesitz befinden, muss die Bereitschaft zur Rückspeisung bei den Besitzer:innen vorhanden sein. Je nach Anwendungsfall des bidirektionalen Ladens8 kann diese Bereitschaft stärker oder schwächer ausfallen. Auch für gewerbliche Flottenbesitzer müssen Anreize für die Einführung der Technologie geschaffen werden.

Abbildung 33: Mögliche Erlöspotenziale durch bidirektionales Laden pro Jahr und pro Elektroauto/Haushalt; (FfE, 2021) (Kern et al., 2020) (P3-Modell)

Bei der Betrachtung der einzelnen Studien sind die jeweiligen Annahmen und Berechnungsgrundlagen entscheidend

für

das

Eigenverbrauchsoptimierung

resultierende hat

die

Einsparpotenzial. Differenz

Für

zwischen

den

Anwendungsfall

Haushaltsstrompreis

und

V2HPV-

Einspeisevergütung den größten Einfluss auf die Vergütung. Da die PV-Erzeugung in den Sommermonaten deutlich höher ist, ist auch das Erlöspotenzial in diesen Monaten deutlich höher (FfE, 2021). V2G-Anwendungsfälle weisen häufig keine oder eine weniger stark ausgeprägte Saisonalität auf und eignen sich daher gut als Ergänzung zur Eigenverbrauchsoptimierung (FfE, 2021). Für die Erlöspotenziale durch optimierten Handel am Spotmarkt sind neben dem Nutzerverhalten vor allem Höhe und Volatilität der Strompreise relevant. Zudem wird in wissenschaftlichen Untersuchungen hervorgehoben, dass der regulatorische Rahmen für Zusatzgebühren für eingekaufte Energie, wie

8 Für weitere Details der Anwendungsfälle siehe: „Factsheet Bidirektionales Laden“

(https://www.e-mobilbw.de/fileadmin/media/e-mobilbw/Publikationen/Broschueren/Factsheet_Bidirektionales_Laden.pdf).

46


Rahmenbedingungen Steuern und Umlagen, der entscheidende Parameter für die potenziellen Erlöse bidirektional aufladbarer Elektrofahrzeuge ist (Kern et al., 2020). Netzbelastungen auf Übertragungsnetzebene können durch Systemdienstleistungen (Redispatch, Regelleistung, abschaltbare Lasten etc.) direkt ausgeglichen werden. Zukünftig können sich auch Elektrofahrzeuge an diesen Dienstleistungen beteiligen. Die regulatorischen Rahmenbedingungen und Geschäftsmodelle sind jedoch noch nicht entwickelt. Beim Handel am Strommarkt wird die Auslastung des Stromnetzes (Übertragungsebene) indirekt über den Strompreis abgebildet. So führt eine hohe Nachfrage nach dem Merit-Order-Verfahren zu einem höheren Preis. Derzeit kann noch nicht abgeschätzt werden, wie hoch eine monetäre Vergütung sein muss, um Kund:innen für bidirektionales Laden zu motivieren. Bei der Entscheidung spielen unterschiedliche sozioökonomische, technische und regulatorische Einflussfaktoren zusammen, die in Anreize und Opportunitätskosten unterteilt werden können. ▪

Anreize ▪

Ökonomische Anreize: Erlöse/Einsparungen durch bidirektionales Laden

Individuelle Anreize: z. B. CO2-Einsparung, Steigerung der Autarkie, aktiver Beitrag zur Energiewende

Opportunitätskosten ▪

Sozial: Bequemlichkeit, z. B. niedriger Ladestand

Ökonomisch: zusätzliche Investitionskosten

Regulatorisch: Steuern, Netzgebühren und Abgaben, die den Gewinn unattraktiv machen

Technisch: Batteriealterung oder Ladeverluste

Die Anreize (z. B. finanzielle Erträge) müssen die Opportunitätskosten der Nutzer:innen übersteigen. Gewichtung und Relevanz der Opportunitätskosten können jedoch individuell sehr unterschiedlich sein. Technische Faktoren wie Batteriealterung und Ladeverluste sind noch nicht final erforscht, wobei eine erhöhte Batteriealterung durch bidirektionales Laden in mehreren Studien als weniger kritisch eingestuft wird, wenn bestimmte SOC-Grenzen eingehalten werden (Uddin et al., 2017) (Vhoit et al., 2019). Individuelle Anreize wie CO2-Einsparung, Erhöhung der Autarkie etc. können zur Verbreitung von bidirektionalem Laden beitragen, jedoch werden monetäre Anreize voraussichtlich die wichtigsten Faktoren für die Bereitschaft zur Entladung darstellen. Neben den Anreizen ist auch das Vergütungsmodell für potenzielle Nutzer:innen von bidirektionalem Laden entscheidend. Im Folgenden wird zwischen zwei Vergütungsmodellen unterschieden: energieabhängige Vergütung, d. h. exakte Abrechnung der rückgespeisten Energie in kWh, und pauschale Vergütung, d. h. ein vorher festgelegter Vergütungssatz. 47


Nachteile

Vorteile

Rahmenbedingungen Energieabhängige Vergütung

Pauschale Vergütung

(Abrechnung pro kWh)

(z. B. monatliche festgelegte Vergütung)

+ Höheres Vergütungspotenzial (Arbitrage) durch Ausnutzung der größten Preisdifferenzen. + Bessere Transparenz, da Vergütung genau mit rückgespeister Energie übereinstimmt. + Genauere Berücksichtigung der Alterung der Batterie. + Hoher Anreiz für die Bereitschaft, dasFahrzeug an die Ladestation anzuschließen.

+

− Höheres Risiko für Vergütungsausfälle bei kurzfristigen Veränderungen am Strommarkt – die Vergütung kann sehr gering ausfallen. − Die Berücksichtigung der Entladeverluste ist problematisch, wenn nicht geklärt ist, wo Energie gemessen wird.

+ + +

Garantierte und vereinbarte Vergütung. Die Endkund:innen können den Kosten-NutzenAufwand besser abschätzen. Bessere Planbarkeit für Endkund:innen. Kein Risiko bei kurzfristigen Veränderungen am Strommarkt. Geringere Komplexität der Abrechnung.

Vergütungssicherheit kann zu indirekten Verlusten führen, wenn mehr Energie abgerufen wird, als durch die pauschale Vergütung gedeckt ist. Die Alterung der Batterie ist nicht monetär abgedeckt, wenn keine Entladungsbegrenzung vereinbart wurde. Geringer Anreiz für die Bereitschaft, das Fahrzeug an die Ladestation anzuschließen.

Tabelle 2: Vor- und Nachteile der Vergütungsmodelle „Energieabhängige Vergütung“ und „Pauschale Vergütung“

Um das Potenzial des bidirektionalen Ladens besser ausschöpfen zu können, kann eine pauschale Vergütung aus Gründen der Sicherheit und Planbarkeit attraktiver sein, wenn dennoch eine Anschlussbereitschaft an eine Ladestation gewährleistet ist. Eine weitere attraktive Lösung kann eine feste Pauschale in Kombination mit einer energieabhängigen Vergütung sein, wodurch Nutzer:innen Gewissheit bezüglich der monatlichen Vergütung und gleichzeitig die Chance auf eine höhere Vergütung haben. Um die Bereitschaft zur Rückspeisung weiter zu erhöhen, können verschiedene Anreize gesetzt werden, die im Folgenden näher erläutert werden. Ein Anreiz kann durch die Einführung dynamischer beziehungsweise zeitvariabler Netzentgelte entstehen. Dadurch werden ökonomische Anreize für flexible Verbraucher geschaffen, sich systemdienlich zu verhalten. So kann die Flexibilität von Elektrofahrzeugen auch für lokale Netzdienstleistungen genutzt werden (Consentec GmbH, 2020). Bei Betrachtung des typischen Profils des Leistungsbezugs eines großen Kollektivs von E-Fahrzeug-Heimladepunkten an einem Werktag wird in den frühen Abendstunden die größte Leistung bezogen (Consentec GmbH, 2020). Daher kann durch die Einführung zeitvariabler Netzentgelte vor allem in den Abendstunden von 18 bis 21 Uhr ein Anreiz zur Anpassung der Lade-/Entladeleistung entstehen. Des Weiteren kann ein monetärer Anreiz durch die Teilnahme am Energiemarkt geschaffen werden. Dabei handelt es sich um eine marktorientierte Vergütung durch die Dynamik des Börsenstrompreises 48


Rahmenbedingungen (Arbitrage). Der Anreiz zur Rückspeisung besteht vor allem zu Zeiten hoher Strompreise. Bei Betrachtung der durchschnittlichen Börsenstrompreise liegen diese im Durchschnitt zwischen 5 und 9 Uhr morgens und zwischen 16 und 21 Uhr abends (Epex Spot, 2022, 2019). Ähnlich kann eine monetäre Vergütung für die Erbringung von Systemdienstleistungen eine Bereitschaft zum Entladen schaffen. Diese kann für Elektrofahrzeuge einerseits durch die Erbringung von Regelleistung und andererseits durch die Teilnahme an Redispatch-Maßnahmen erfolgen. Der Einsatz von Regelleistung gleicht kurzfristig Frequenzschwankungen im Stromnetz aus, während Redispatch zur Vermeidung von Netzengpässen eingesetzt wird. Idealerweise lassen sich durch netzdienlich genutzte Fahrzeuge Redispatch-Maßnahmen vermeiden. Die monetäre Vergütung an Endkund:innen erfolgt sowohl beim Arbitrage-Handel als auch bei der Erbringung von Systemdienstleistungen durch einen Aggregator. Dieser bietet gebündelt Leistungen zum direkten Handeln an der Strombörse an oder stellt sie für Systemdienstleistungen zur Verfügung und leitet mögliche Gewinne an Endkund:innen weiter. Bei der Bereitstellung

von

Regelleistung

erfolgt

die

Vergütung

des

Aggregators

durch

den

Übertragungsnetzbetreiber über einen vorab verhandelten Leistungspreis oder Arbeitspreis. Der Nachfrage nach Regelenergie kann kein eindeutig bevorzugter Abrufzeitpunkt zugeordnet werden, da diese kurzfristig abgerufen wird, um das Netz zu stabilisieren. Redispatch ist ebenfalls nicht auf wiederkehrende Tageszeiten übertragbar, da Netzbetreiber die Maßnahme zur Beseitigung von kurzfristig auftretenden Netzengpässen einsetzen. Der Einsatz von Redispatch Maßnahmen hängt stark von den volatilen Erzeugern erneuerbarer Energien (insbesondere Windenergie) ab.

2.3 Marktimplikationen und Business Model Neben den technischen und regulatorischen Rahmenbedingungen ist auch die Marktrelevanz des bidirektionalen Ladens zu bewerten. Im Folgenden werden die Kosten für die Verbreitung der Technologie ermittelt und den Marktakteuren zugeordnet. Anschließend werden die Kosten für Endkund:innen im Detail analysiert und die aus Sicht von P3 relevantesten Geschäftsmodelle beschrieben. Am Ende dieses Kapitels wird abschließend das bisher ungenutzte Potenzial bestehender Elektrofahrzeuge ermittelt und die Möglichkeit einer Nachrüstung bewertet.

Evaluation der durch bidirektionales Laden entstehenden Kosten Elektromobilität ist langfristig ein wichtiger Baustein der Energiewende in Deutschland. Perspektivisch findet eine umfassende Elektrifizierung des Energiesystems statt, die sich neben dem Verkehrssektor vor allem auch im Wärmesektor auswirkt. Durch den generellen Verbrauchsanstieg entstehen neue Herausforderungen für die bestehenden Stromnetze. Die Implementierung von V2G kann dem Netzbetreiber aber auch die Nutzung zusätzlicher Flexibilitäten ermöglichen. Neben den Vorteilen der Flexibilitätsnutzung entstehen jedoch zugleich Kosten für verschiedene Akteure. In Abbildung 34 sind 49


Rahmenbedingungen die unterschiedlichen Kostenträger der Implementierung von bidirektionalem Laden aufgeführt. Die entstehenden Kosten werden größtenteils direkt oder indirekt auf die Endkund:innen umgelegt. Kund:innen können die entstehenden Kosten für die Bereitstellung der mobilen Batterieflexibilität durch verschiedene Vergütungs-/Einsparmodelle ausgleichen. Im Falle der Entladung in das öffentliche Stromnetz erfolgt dabei eine Vergütung durch den Aggregator. Dieser wird die Zusatzkosten für die Vermarktung der Flexibilitäten indirekt über eine Anpassung der Gewinnmarge der Endkund:innen ausgleichen.

Abbildung 34: Kosten infolge der Verbreitung von bidirektionalem Laden und Kostenumlage; eigene Darstellung

Im Rahmen dieser Betrachtung sind auch die vermiedenen Kosten zu berücksichtigen. Durch den flächendeckenden Einsatz von bidirektionalem Laden und insbesondere die Netzintegration von Fahrzeugen können ebenfalls Kosten eingespart werden. Dies betrifft vor allem Investitionskosten in andere Speichertechnologien, was im Verlauf der Studie (Kapitel 3, Vergleich zu Alternativen) näher betrachtet wird. Neben den übergeordneten Kosten entstehen bei der Umsetzung des bidirektionalen Ladens für die Endkund:innen (Unternehmen/Haushalte) teilweise sehr hohe Kosten für den Ausbau der Infrastruktur.

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Rahmenbedingungen Kostenbaustein Endkund:innen

Zusätzliche Information

Quelle

Ca. 4.500 bis 10.000 €

Preis basierend auf marktverfügbaren bidirektionalen Wallboxen (Stand 27.06.2023).

(Wallbox, 2023) (sun2wheel, 2023) Supplier-Anfrage und P3Marktimplikation

Wallbox (Hardware) AC

Ca. 1.300 €

Erstes AC-Wallbox-Angebot (USA): speziell für Ford F150 Lightning entwickelt. Niedrigere Preise im Vergleich zu DC-Wallboxen erwartet.

(Ford, 2023) P3-Experten

Wallbox (Installation)

Ca. 500 bis 2.500 €

Anschluss, Installation und Anmeldung der Wallbox (vergleichbar mit unidirektionaler Wallbox).

P3-Experten

Ca. 600 (Heim-)Energiemanagementbis System 1.000 €

Der Preis hängt von den gewünschten Funktionen ab, im Durchschnitt kann ein HEMS für ca. 600 bis 1.000 € inkl. Montage erworben werden. Eventuell zusätzliche monatliche Kosten.

(dz4, 2023)

Ca. 130 € +20 bis 50 €/a

Für den Einbau entstehen einmalige Installationskosten plus eine jährliche Servicegebühr vom Messstellenbetreiber. Die jährlichen Kosten wurden durch das Smart-MeterGesetz auf 20 € für private Haushalte mit geringem Verbrauch und auf 50 € für Haushalte mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen gedeckelt.

(Gonschor, 2023) § 30 Abs. 3 Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende

Wallbox (Hardware) DC

Messtechnik/Smart Meter (Einbau und Betrieb)

Preis

Tabelle 3: Preise für Komponenten bidirektionaler Infrastruktur aus Perspektive der Endkund:innen

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Rahmenbedingungen Geschäftsmodelle bidirektionales Laden Für die Beschreibung der Geschäftsmodelle, die sich aus der Umsetzung des bidirektionalen Ladens ergeben, wird die Methode des Value Proposition Canvas verwendet. Die Abbildung 35, Abbildung 36 und Abbildung 37 zeigen das zugehörige Business Model Canvas.

Abbildung 35: Geschäftsmodell Full-Service-Anbieter (V2H) – für die Anwendungsfälle Eigenverbrauchsoptimierung und preisoptimiertes Laden/Entladen; eigene Darstellung

Ziel der Eigenverbrauchsoptimierung ist es, eine Erhöhung des Eigenverbrauchs durch Zwischenspeicherung und Reduktion des Netzbezugs zu erreichen. Durch die Zwischenspeicherung und zusätzliche Nutzung des günstigen selbsterzeugten Stroms wird teurer Netzbezug vermieden, was dann als indirekte Erlösquelle für Endkund:innen gilt. Bei dem Anwendungsfall preisoptimiertes Laden/Entladen erfolgt der Ladevorgang in Niedertarifzeiten und der Entladevorgang zur Versorgung der Haushaltslast in Hochtarifzeiten. Mit der Verschiebung des Bezugs und der Versorgung durch das Elektrofahrzeug wird günstigere Energiebereitstellung erreicht. Der Ansatz des Geschäftsmodells für den Full-Service-Anbieter in Abbildung 35 besteht darin, den Endkund:innen eine Gesamtlösung für die Umsetzung von V2H in den genannten Anwendungsfällen zu bieten. Zu den Endkund:innen zählen hier neben Haushalten mit der Anwendung Heimladen auch Unternehmen mit der Anwendung Flottenladen. Das Angebot des Full-Service-Providers umfasst komplementäre Produkte zur Umsetzung der V2H52


Rahmenbedingungen Betriebsstrategie. Neben dem Verkauf von bidirektionalen BEV kann das Full-Service-Angebot durch weitere Produkte (z. B. stationäre Batteriespeicher, Flottenmanagementsystem, Wärmepumpe) und Dienstleistungen (z. B. Installation, Wartung, Wallbox-Abo) im Heim- und Flottenbereich ergänzt werden. Somit wird den Endkund:innen ein ganzheitliches Ökosystem als Wertversprechen angeboten. Durch die aufeinander abgestimmten Produkte werden mittel- bis langfristig Kostenvorteile im Heimund Flottenladen generiert. Für das Angebot stehen derzeit vor allem Automobilhersteller und Unternehmen aus der Solar- und Speicherindustrie im Wettbewerb. Neben dem Geschäftsmodell des Full-Service-Providers entsteht ein weiteres Geschäftsmodell durch die Anwendung von V2G. Der Ansatz besteht dabei darin, den Endkund:innen eine Vermarktungsmöglichkeit der gespeicherten Energie bereitzustellen. Dies erfolgt über einen sogenannten Aggregator, der flexible Erzeugungs- und Verbrauchseinheiten sowie Speicher bündelt und an einem oder mehreren Elektrizitätsmärkten anbietet. Die Flexibilitätsvermarktung erfolgt auf dem Regelleistungsmarkt, dem Spotmarkt, auf Flexibilitätsmärkten oder durch bilaterale Verträge. Ein Aggregator kann mit einem virtuellen Kraftwerksbetreiber gleichgesetzt werden. In Abbildung 36 und Abbildung 37 sind zwei der möglichen Geschäftsmodelle eines Aggregators im Zusammenhang mit bidirektionalen mobilen Speichern beschrieben. Sowohl im Anwendungsfall Arbitrage als auch im Anwendungsfall Regelleistung bündelt der Aggregator über eine Aggregationsplattform eine große Anzahl privater Elektrofahrzeuge, um die vorhandene Flexibilität an dem Energiemarkt anzubieten. Dafür trifft der Aggregator durch Analyse der Kundenbedürfnisse eine Flexibilitätsvorhersage, die er an den Markt übermittelt, woraus anschließend ein Lade- oder ein Entladeplan für die einzelnen Fahrzeuge entsteht. Aus dem im Rahmen dieser Studie durchgeführten Expertenworkshop geht hervor, dass Netzbetreiber beziehungsweise Energieversorger zunächst eine Vergütung über variable Stromtarife anbieten werden, die die Schwankungen des Intraday-Handels abbilden. In der Anfangsphase wird der Energieversorger auch der Aggregator sein, wodurch ein Lock-in-Effekt entstehen kann (Expertenworkshop, 2023). Ein Aggregator kann die Flexibilitäten, die durch die virtuelle Bündelung der Fahrzeugbatterien entstehen, am Strommarkt verkaufen. Es findet also kein direkter Arbitragehandel statt, sondern das flexible Stromangebot kann gehandelt werden. Ein mögliches Geschäftsmodell könnte somit die reine Bereitstellung von Flexibilität sein.

53


Rahmenbedingungen

Abbildung 36: Geschäftsmodell Aggregator – Arbitrage (V2G) – EV-Aggregationsplattform: Ein Energieaggregator bietet verfügbare Energie zum Verkauf auf dem Energiemarkt an; eigene Darstellung, 1: (next kraftwerke, 2020) , 2: (Kern et al., 2020)

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Rahmenbedingungen

Abbildung 37: Geschäftsmodell Aggregator – Regelleistung (V2G) – EV-Aggregationplattform: Ein Energieaggregator bietet verfügbare Energie zum Handel auf dem Regelenergiemarkt an; eigene Darstellung, 1: (next kraftwerke, 2020)),2: P3-Experten

Verlorenes Potenzial und Nachrüstbarkeit Um

das

bisher

verlorene

Potenzial

zu

untersuchen,

wird

zunächst

der

historische

Elektromobilitätshochlauf mit Annahme der durchschnittlichen Batteriekapazität aller im jeweiligen Jahr zugelassenen BEV betrachtet.

Abbildung 38: Jährliche historische Neuzulassungen von BEV mit durchschnittlicher Batteriekapazität (links) und Vergleich von Neuzulassungen und Bestand bis zum Jahr 2023 (rechts); eigene Darstellung nach (Kraftfahrtbundesamt, 2023)

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Rahmenbedingungen Insgesamt wurden in den letzten zehn Jahren in Deutschland 1,35 Millionen reine Elektroautos zugelassen. Seit 2019 ist ein starkes Wachstum zu verzeichnen. Der Vergleich der Neuzulassungen mit dem Bestand zeigt, dass nicht alle zugelassenen Elektrofahrzeuge heute noch im Bestand sind. Um nun das theoretisch verlorene Speicherpotenzial abzuschätzen, wird die jeweilige Anzahl der Neuzulassungen pro Jahr mit der durchschnittlichen vollen Batteriekapazität multipliziert. Abbildung 39 zeigt, dass, wenn alle bisher zugelassenen Elektrofahrzeuge bidirektional wären oder nachgerüstet würden, im Jahr 2023 insgesamt ein Flexibilitätspotenzial von 79.000 MWh zur Verfügung stünde. Bei einer maximalen Entladeleistung von 10 kW pro Fahrzeug im Bestand im Jahr 2023 stünden damit maximal 10 GW Leistung zur Verfügung. Vergleichtsweise entspricht dies der zehnfachen Leistung der deutschen Pumpspeicherkraftwerke.

Abbildung 39: Theoretisch verlorene Batteriekapazität (links) und theoretische Leistung des BEV-Bestands 2023 (rechts), jeweils im Vergleich mit der Kapazität und der Leistung der Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland; (Kraftfahrtbundesamt, 2023), (BNetzA, 2023)

Im Rahmen der Betrachtung des verlorenen Potenzials ist auch die Möglichkeit der Nachrüstung bestehender Elektrofahrzeuge zu evaluieren. Um bidirektional laden zu können, müssen Fahrzeuge in der Lage sein, über ISO 15118-20 zu kommunizieren. Aus dem für diese Studie durchgeführten Expertenworkshop geht hervor, dass ein Softwareupdate des ISO-15118-20-Softwarestacks, z. B. durch ein Over-the-Air-Update (vgl. VW), technisch nur möglich ist, wenn das Fahrzeug vom Fahrzeughersteller vor dem Verkauf vollständig auf das Update vorbereitet wurde (Expertenworkshop, 2023). Für eine Nachrüstung der Software auf die Version -20 der ISO 15118 ist eine Verschlüsselung nach TLS 1.3 erforderlich, die nicht unbedingt einfach umgesetzt werden kann. Darüber hinaus gibt es funktionsseitige Speicher- und Leistungsgrenzen der Hardware, die eine nachträgliche Erweiterung zusätzlich erschweren. Auch rechtliche Faktoren behindern die Nachrüstung. Bei Auslieferung beziehen sich die Garantiebedingungen der Batterie und der Elektronik auf unidirektionales Laden. Soll ein zusätzliches Entladeverhalten ermöglicht werden, müssen die Garantiebedingungen angepasst werden. Zusätzlich muss die Umsetzung der Nachrüstung durch den Fahrzeughersteller freigegeben und

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Rahmenbedingungen umgesetzt werden. Eine Nachrüstung bestehender Elektrofahrzeuge zum bidirektionalen Laden ist ohne direkte Vorbereitung durch den Fahrzeughersteller somit technisch derzeit nicht realisierbar.

DEEP DIVE Unterscheidung Nachrüstbarkeit AC vs. DC

Software Update Nachrüstung Leistungselektronik

Für bidirektionale DC-Ladetechnologie ist Um Fahrzeuge nachträglich mit bidirektionaler eine Erweiterung der Kommunikation des AC-Ladetechnologie

auszustatten,

muss

Fahrzeugs auf die ISO 15118-20 notwendig. zusätzlich Leistungselektronik (bidirektionaler Die Umwandlung von DC auf AC erfolgt in der On-Board-Charger) verbaut werden, was Ladestation.

technisch als nicht möglich betrachtet wird.

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Rahmenbedingungen In Kürze Bidirektionales Laden erfordert aufgrund der hohen Gleichzeitigkeit vor allem auf Verteilnetzebene einen Netzausbau. Für V2G gibt es noch große regulatorische Hürden. Erst wenn diese beseitigt sind, kann das Potenzial des bidirektionalen Ladens wirtschaftlich genutzt werden. Hier ist vor allem die Gleichstellung von mobilen

und

stationären

Speichern

zur

gleichwertigen

Befreiung

von

Netzentgelten,

Konzessionsabgaben und der Stromsteuer zu nennen. Zudem sollte eine einheitliche Definition im Rechtsrahmen formuliert werden, die sowohl stationäre als auch mobile Speicher umfasst. Bei der Anbindung bidirektionaler Ladeinfrastruktur an das öffentliche Netz herrschen aus normativer Sicht noch die größten Unsicherheiten, weil dort die größten Sicherheitsansprüche bestehen. Monetäre Anreize sind die wichtigsten Faktoren, um die Bereitschaft der Nutzer:innen für bidirektionales Laden zu fördern. Eine monatliche pauschale Vergütung (Planbarkeit) in Kombination mit einer rück-/einspeiseabhängigen Komponente kann die höchste Akzeptanz bei Nutzer:innen erzeugen und den größten Mehrwert bieten. Für die Vorbereitung und Verbreitung von V2G entstehen Kosten für fast alle beteiligten Akteure, wie unter anderem Politik, Fahrzeug- und Ladeinfrastrukturhersteller, Netzbetreiber und Endkund:innen. Zum größten Teil werden die Kosten auf Endkund:innen umgelegt, die die Technologie dann aktiv nutzen, aber auch monetär von ihr profitieren können. Ein mögliches Geschäftsmodell durch bidirektionales Laden entsteht für Full-Service-Provider und Energieaggregatoren. Es ist bereits großes Potenzial für das bidirektionale Laden verloren gegangen. Eine Nachrüstung bestehender Elektrofahrzeuge zum bidirektionalen Laden ist technisch derzeit kaum realisierbar.

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Vergleich zu Alternativen

3 Vergleich zu Alternativen Die zunehmende Einspeisung fluktuierender erneuerbarer Energien und der Rückgang konventioneller Kraftwerksleistung erfordern neue Flexibilitätsoptionen. In diesem Abschnitt der Studie wird das Potenzial von bidirektionalem Laden unter Berücksichtigung von Kosten und Leistung beziehungsweise Kapazität im Vergleich zu alternativen Speichertechnologien abgeschätzt, wobei der Fokus auf elektrochemischen, mechanischen und chemischen Stromspeichertechnologien liegt. Elektrochemische Speicher

Mechanische Speicher

Chemische Speicher

Elektrische Speicher

Blei-SäureAkkumulatoren

Pumpspeicher

Wasserstoff

Kondensatoren/ Supercaps

Redox-FlowBatterien

Druckluftspeicher

Synthetisches Methan

Supraleitende Spulen (SMES)

Lithium-IonenAkkumulatoren

Schwungmassenspeicher

Power-to-Liquid

•Zentral •Dezentral •Mobil Abbildung 40: Technologieüberblick Energiespeicher; eigene Darstellung

In dieser Übersicht zählt das bidirektionale Laden in Form des mobilen Speichers zu den Lithium-IonenAkkumulatoren. Als dezentrale Speicher werden hauptsächlich Kleinbatteriespeicher beziehungsweise Heimspeicher verstanden. Neben alternativen elektrochemischen Speichern werden zudem die mechanischen Speicher und die chemische Speicherung in Form von Wasserstoff (Power-to-Gas) im Vergleich zu mobilen Speichern berücksichtigt. Weitere chemische Speicher wie synthetisches Methan und Power-to-Liquid zielen hauptsächlich auf die Speicherung von Kraftstoff ab, weshalb diese nicht berücksichtigt werden. Elektrische Speicher werden im Rahmen dieser Studie ebenfalls nicht berücksichtigt, da diese nur sehr kurz spezifische Leistung aufnehmen können und mobile Speicher keine Konkurrenz für diese Anwendungsfälle sind.

3.1 Kostenvergleich bidirektionales Laden mit alternativen Speichertechnologien Zunächst wird die Lithium-Ionen-Technologie direkt mit alternativen Speichertechnologien verglichen. Es folgt eine allgemeine Analyse unter verschiedenen Kosten- und Effizienzgesichtspunkten sowie anschließend ein Kostenvergleich aus Endkundensicht.

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Vergleich zu Alternativen In der übergreifenden Untersuchung wird die Vergleichbarkeit der Kosten über CAPEX (Capital Expenditure beziehungsweise Investitionskosten) und LCOS (Levelized Cost of Storage) dargestellt. CAPEX sind Kosten, die für den Kauf, die Installation und die sichere Inbetriebnahme eines Speichers entstehen, unter Berücksichtigung der Kosten für Genehmigungen und Bauarbeiten sowie anderer Installationskosten. Diese werden für den Preis pro installierte Leistung angegeben. CAPEX können für neue Technologien noch hoch sein und mit Etablierung der Speichertechnologie im Lauf der Zeit sinken. LCOS stellt die Währungseinheit pro abgegebener gespeicherter Energieeinheit (z. B. €/MWh) dar. Die Größe gibt die Kosten für den MWh-Durchsatz über die gesamte Lebensdauer im Gegensatz zu den MWh der installierten Kapazität an. Dazu gehören neben den CAPEX auch Betriebs- und Wartungskosten, Erweiterungs- oder Austauschkosten, End-of-Life-Kosten (z. B. Kosten für Demontage und Recycling) sowie Effizienzkosten. Neben den spezifischen Kosten werden zusätzlich die Ausspeicherdauer und die RTE (Round Trip Efficiency) verglichen, um die Eigenschaften und die Anwendung der Speichertechnologien im Vergleich zu berücksichtigen. Die Ausspeicherdauer besagt, wie lange ein Speicher Energie liefern kann, also wie lange der Ausspeichervorgang bis zur Leerung des Speichers dauert. Sie bestimmt im Wesentlichen den Einsatz des Speichers (Kurz- oder Langzeitspeicher). RTE ist definiert als das Verhältnis zwischen der aus einem Speicher zurückgewonnenen, nutzbaren Energie und der für die Speicherung aufgewendeten Sekundärenergie unter Berücksichtigung der Energieverluste bei der Leistungsumwandlung.

Abbildung 41: Vergleich alternativer Speichertechnologien; eigene Darstellung nach 1: (European Comission, 2023) und 2: (Mongird et al., 2020)

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Vergleich zu Alternativen Die in der Abbildung gezeigten Technologien werden anhand der Vergleichskriterien anschließend bewertet. Blei-Säure-Batterien Der Einsatz von Blei-Säure-Batterien kann wirtschaftlich sinnvoll sein. Allerdings hat die Technologie eine sehr geringe nutzbare Leistung und eine hohe Selbstentladung, weshalb der Einsatz perspektivisch nur in speziellen Anwendungen erfolgen wird. Lithium-Ionen-Batterien Lithium-Ionen-Batterien sind die derzeit vorherrschende Speichertechnologie. Ihre Vorteile gegenüber anderen Speichertechnologien werden durch ständige Weiterentwicklung in Zukunft weiterhin sehr relevant sein. Zudem erlauben verschiedene Zellchemieanpassungen die Auslegung auf spezifische Einsatzzwecke. Redox-Flow-Batterien (v. a. Vanadium) Der Einsatz ist bei großen Leistungen und Kapazitäten im MW- beziehungsweise MWh-Bereich vorteilhaft. Allerdings ist die Herstellung heute noch sehr teuer und die Technologie daher noch nicht konkurrenzfähig zu Lithium-Ionen-Batterien. Druckluftspeicher Das Potenzial von Druckluftspeichern ist trotz der geografischen Abhängigkeit hoch. Aufgrund der hohen Temperaturverluste sind Druckluftspeicher heute jedoch ökonomisch und ökologisch nicht sinnvoll einsetzbar. Pumpspeicherkraftwerke Mit Pumpspeicherkraftwerken ist eine Langzeitspeicherung mit hohem Wirkungsgrad möglich. Allerdings ist das Potenzial in Deutschland aufgrund der geografischen Gegebenheiten nahezu ausgeschöpft. Schwungmassespeicher Schwungmassespeicher sind vor allem zum Ausgleich von Spitzenlasten oder zur Glättung von Leistungsspitzen geeignet. Sie werden jedoch wegen der hohen Selbstentladung nur als Kurzzeitspeicher eingesetzt. Power-to-Gas (H2) Aufgrund der hohen Investitionskosten und des geringen Wirkungsgrades vor allem für die Langzeitspeicherung oder für die zeitliche/räumliche Verschiebung von Flexibilitäten, z. B. durch Wasserstofftransport, vorteilhaft. 61


Vergleich zu Alternativen Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vorgestellten Speichertechnologien sich vor allem durch ihre Zielanwendung unterscheiden. Langzeitspeicher wie Power-to-Gas oder Redox-Flow-Batterien stehen aufgrund der saisonalen Speicherung nicht in direkter Konkurrenz zu mobilen Speichern. Dagegen sind die Vorteile von Lithium-Ionen-Batterien auch auf mobile Speicher übertragbar und somit in ähnlichen Bereichen anwendbar. Zudem ist die Speichergröße der Technologien zu vergleichen. Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland beispielsweise verfügen im Durchschnitt über 200 MW installierter Leistung und 1,4 GWh pro Anlage. Um die Speichergröße eines Pumpspeicherkraftwerks mit bidirektionalen BEV zu erreichen, müssten 20.000 bis 30.000 mobile Speicher aggregiert werden. Neben der installierten Leistung wird nachfolgend die Differenzierung der spezifischen Kosten pro kWh Speicherkapazität dargestellt. Die spezifischen BEV-Preise ergeben sich aus der Division des Fahrzeugpreises durch die Batteriekapazität. Die Bandbreite entsteht vor allem durch die Betrachtung verschiedener Fahrzeugklassen.

Abbildung 42: Batteriekosten nach Technologie; eigene Darstellung nach (Figgener et al, 2023)

Spezifische Speicherkosten für Elektrofahrzeuge liegen unter denen von Heimspeichersystemen und sogar nur geringfügig über den spezifischen Speicherkosten im industriellen Maßstab. Hierdurch steigt die Attraktivität von bidirektionalem Laden. Die geringen Preise werden hauptsächlich durch günstige Einkaufskonditionen der Automobilhersteller ermöglicht. So kann über V2H-/V2G-Anwendungen ein Kundenmehrwert generiert werden. Um neben dem Technologievergleich auch die Kosten aus Endkundensicht zu vergleichen, werden im Folgenden die Kosten für einen stationären Heimspeicher und die Kosten für einen alternativen mobilen Speicher

inklusive

Wallbox

anhand

von

Verkaufspreisen

betrachtet.

Dabei

stehen

die

Speichermöglichkeiten perspektivisch hauptsächlich im Anwendungsfall V2H in Konkurrenz. 62


Vergleich zu Alternativen Im Fall des mobilen Speichers wird unterschieden, ob der Anschaffungspreis eines bidirektionalen BEV berücksichtigt wird oder nicht. In den nächsten Jahren wird der Übergang von ICE zu BEV stattfinden, weshalb langfristig davon ausgegangen wird, dass die Endkund:innen bereits über ein BEV verfügen. In diesem Fall müssen sich diese zwischen den Kosten für die zusätzliche Infrastruktur für bidirektionales Laden zu Hause und den Kosten für die Anschaffung eines stationären Speichers entscheiden. In der folgenden Gegenüberstellung werden daher die spezifischen Kosten mit und ohne Berücksichtigung des Anschaffungspreises des BEV dargestellt. Kosten mobiler Batteriespeicher Endkund:innen

Kosten stationärer Heimspeicher Endkund:innen

(2023)1

(2023)2

Abbildung 43: Kosten mobiler Batteriespeicher Endkund:innen (links) und Kosten stationärer Heimspeicher Endkund:innen (rechts) im Jahr 2023; nach 1 (Kostenübersicht bidirektionales Laden für Endkund:innen; Kapitel 2), 2 (energieheld, 2023), 3 (P3-Marktimplikation durch aktuell erhältliche bidirektionale Fahrzeuge) und 4 (Figgener et al, 2023)

Im Falle der mobilen Batteriespeicher fallen bei den Endkund:innen Kosten für die bidirektionale DCLadeinfrastruktur an, die im Jahr 2023 ca. 4.500 € betragen. Die bidirektionale AC-Ladetechnik ist in dieser Darstellung noch nicht berücksichtigt, da derzeit keine Marktverfügbarkeit besteht. Installationskosten sind stark von individuellen Voraussetzungen abhängig und können bis zu 2.500 € Zusatzkosten verursachen. Die Gesamtkosten betragen für einen mobilen Speicher ca. 7.000 € ohne Berücksichtigung der Fahrzeuganschaffungskosten. Als Anschaffungspreis eines BEV geht P3 auf Basis aktuell verfügbarer bidirektionaler Elektrofahrzeuge und Ankündigungen von 45.000 € aus. Wird der Anschaffungspreis des BEV berücksichtigt, steigen die Gesamtkosten auf 52.000 €. Es ist zu beachten, dass der mobile Batteriespeicher aufgrund der Nutzungsbeschränkung der Batterie nicht vollständig und nicht zu jeder Tageszeit als Speicher zur Verfügung steht. Die Gesamtkosten für einen stationären Heimspeicher mit 10 kWh Speicherkapazität liegen für Endkund:innen im Jahr 2023 bei ca. 14.500 €. Den größten Anteil machen dabei die Anschaffungskosten aus. Um eine bessere Vergleichbarkeit zu erreichen, werden neben den Gesamtkosten der Speicher auch die Kosten

pro

Speicherkapazität

betrachtet.

Die

spezifischen

Kosten

der

betrachteten

Speichertechnologien berechnen sich aus dem Gesamtpreis des Systems in Euro geteilt durch die nutzbare Kapazität in kWh. Für den mobilen Speicher wird eine nutzbare Kapazität von ca. 50 % 63


Vergleich zu Alternativen angesetzt. Diese ergibt sich bei einer Entladung zwischen 80 und 30 % des Ladezustands. Bei durchschnittlich 50 kWh Gesamtkapazität pro BEV ergibt sich eine nutzbare Kapazität von ca. 25 kWh. Somit ergeben sich im Jahr 2023 spezifische Kosten für das Gesamtsystem mit bidirektionaler Wallbox von 280 €/kWh und für das Gesamtsystem mit BEV und bidirektionaler Wallbox von 2.080 €/kWh (Abbildung 43). Die nutzbare Kapazität wird bei dem stationären Heimspeicher mit 100 % angenommen und entspricht somit den vollen 10 kWh. Dadurch ergeben sich im Jahr 2023 spezifische Kosten von 1.450 €/kWh für den stationären Speicher aus Sicht der Endkund:innen (Abbildung 43). Verfügen Endkund:innen also bereits über ein BEV, sind die Gesamtkosten für einen stationären Heimspeicher etwa doppelt so hoch wie die Kosten für den Einsatz eines mobilen Speichers (exkl. Anschaffung BEV), so dass rein kostenseitig der Einsatz von V2H der Anschaffung eines stationären Speichers überlegen ist. Die Preise für die Speichersysteme werden perspektivisch in den nächsten Jahren sinken. Folgende Abbildung zeigt eine Gegenüberstellung der perspektivischen Kosten aus Sicht der Endkund:innen im Jahr 2030: Kosten mobiler Batteriespeicher Endkund:innen

Kosten stationärer Heimspeicher Endkund:innen

(2030)1

(2030)2

Abbildung 44: Kosten mobiler Batteriespeicher Endkund:innen (links) und Kosten stationärer Heimspeicher Endkund:innen (rechts) im Jahr 2030; nach 1 (Kostendegression nach P3-Marktmodell und P3-Marktimplikation), 2 (Kostenprognose für Heimspeicher 2030 nach (BMWi, 2022)) und 3 (Kostendegression nach P3-Marktimplikation und Ankündigungen bidirektionaler Fahrzeugmodelle von Fahrzeugherstellern)

P3 geht aufgrund von Skalierungseffekten und zunehmendem Wettbewerb von einer Kostendegression auf ca. 3.000 € pro DC-Wallbox für Endkund:innen aus. Die Installationskosten werden als konstant angenommen. Laut Ankündigungen von OEM werden die Anschaffungskosten bidirektionaler Fahrzeugmodelle zukünftig auf durchschnittlich 38.000 € pro BEV sinken. Bei den Anschaffungskosten von stationären Heimspeichern ist eine Degression bis 2030 auf ca. 750 €/kWh zu erwarten. Das Verhältnis der Anschaffungskosten wird somit auch in Zukunft voraussichtlich ähnlich bleiben. Die Kosten für Heimspeicher werden weiterhin etwa doppelt so hoch sein wie die Kosten für bidirektionale Ladetechnik (exkl. Anschaffung BEV).

64


Vergleich zu Alternativen Für die spezifischen Kosten ergeben sich im Jahr 2023 somit 220 €/kWh ohne Berücksichtigung des Anschaffungspreis des BEV und 1.740 €/kWh mit Einberechnung des Anschaffungspreis (Abbildung 44). Für den stationären Heimspeicher fallen im Jahr 2030 spezifische Kosten von 1.000 €/kWh an (Abbildung 44). Die Kosten der bidirektionalen AC-Ladetechnik werden zukünftig unter denen der DC-Technologie liegen, sodass diese Technologie die geringsten Gesamtkosten für Endkund:innen verursacht. Mit der Markteinführung, der Skalierung und der Klärung regulatorischer Hemmnisse, wie einheitliche Anschlussbedingungen oder Grid Codes, wird bis 2030 eine erhöhte Marktdurchdringung der ACTechnologie erwartet.

3.2 Vergleich Leistung und Kapazität von bidirektionalem Laden mit alternativen Speichertechnologien Neben dem technologischen Vergleich und dem Vergleich der Kosten wird das Potenzial anhand des Speicherbedarfs in Deutschland bewertet. Um zunächst eine Einordnung der heute verfügbaren Leistung und Kapazität stationärer Batteriesysteme zu geben, wird nachfolgend die historische Entwicklung installierter Batteriekapazität der Technologien Heimspeicher, Gewerbespeicher und Großspeicher skizziert.

Abbildung 45: Batteriekapazität in Deutschland; eigene Darstellung nach (MaStR, 2023)

Abbildung 45 zeigt, dass der Ausbau stationärer Speicher in den letzten vier Jahren enorm angestiegen ist. Vor allem die installierte Leistung von Heimspeichern hat sehr stark zugenommen. Zwischen Januar und Juli 2023 wurden 2,3 GWh neu installiert, davon allein 2,1 GWh im Bereich der Heimspeicher. Perspektivisch wird der Bedarf an Heimspeichern in den nächsten Jahren weiter steigen, getrieben vor allem durch den Ausbau von PV-Anlagen und Wärmepumpen im Gebäudesektor. Dieser Bedarf unterstützt zusätzlich das Potenzial für V2H-Anwendungen im Heimbereich. 65


Vergleich zu Alternativen Um das Potenzial von bidirektionalem Laden in der Zukunft einordnen zu können, werden verschiedene Studien, die den Bedarf an Speichertechnologien in Deutschland prognostizieren, herangezogen. Nachfolgend wird zwischen dem Bedarf an installierter Leistung und dem Bedarf an Speicherkapazität unterschieden. Für den Vergleich werden die ermittelte Leistung und die technisch mögliche Kapazität, die durch bidirektionales Laden bis zum Jahr 2035 zur Verfügung gestellt werden kann, aus den Berechnungen aus den Hochläufen und der Berechnung der tatsächlich verfügbaren Kapazität und Leistung aus Kapitel 1 (Berechnung der verfügbaren bidirektionalen BEV) herangezogen.

Abbildung 46: Bedarf an installierter Leistung in Deutschland bis 2037; eigene Darstellung nach (Agora Energiewende, Prognos, Consentec, 2022), (Übertragungsnetzbetreiber CC-BY-4.0, 2023) und P3-Hochlaufmodell Bidi (verfügbare Entladeleistung: 11 kW/BEV)

Bei dem durch die Studien ermittelten Bedarf an installierter Leistung wird deutlich, dass auf der Nachfrageseite vor allem Batteriespeicher die größten Flexibilitätspotenziale bieten und im Vergleich zu 2023 stark ausgebaut werden müssen. Der direkte Vergleich zur tatsächlich verfügbaren Leistung von V2X (V2H-/V2G-Anwendungen) zeigt, dass bidirektional ladende Elektrofahrzeuge den Bedarf an kleinen Batteriespeichern in Eigenheimen sowie den Bedarf an Großbatteriespeichern bis 2035 nahezu vollständig decken können. Im Bereich des Heimladens kann dennoch ein stationärer Speicher für die konstante Verfügbarkeit Sinn machen, wobei die Dimensionierung durch die zusätzliche Verwendung von V2H eingeschränkt werden kann. Die installierte Leistung der Pumpspeichertechnologie wird nicht oder nur sehr gering ansteigen. Batteriespeicher im Fahrzeug können, wenn sie für den Einsatz im Verkehr nicht mehr leistungsstark genug sind, perspektivisch auch als Second-Life-Speicher weiterverwendet

werden

(EnBW,

2023).

12 GW

installierte

Pumpspeicherleistung

im

Netzentwicklungsplan Strom (NEP) (Übertragungsnetzbetreiber CC-BY-4.0, 2023) basieren auf dem aktuellen Bestand, dem Rückbau und den in Bau sowie in Planung befindlichen Projekten. 66


Vergleich zu Alternativen Elektrolyseure ermöglichen eine weitere Flexibilisierung der Stromnachfrage. Laut (Agora Energiewende, Prognos, Consentec, 2022) sind im Jahr 2035 etwa 12 GW im Einsatz, wobei die installierte Leistung der Elektrolyseure hauptsächlich zur Deckung des Wasserstoffbedarfs in Deutschland verwendet wird. Wie viel Leistung durch eine Rückverstromung von Wasserstoff, beispielsweise durch eine Brennstoffzelle, perspektivisch vorhanden sein wird, wird von den vorliegenden Studien nicht untersucht. Trotzdem werden Elektrolyseure in beiden Studien als wichtige ergänzende Technologie erachtet, wobei V2X den Bedarf nur teilweise einschränken kann, da andere Anwendungsfälle und Speicherzeiten die Technologien unterscheiden. Neben der installierten Leistung wird auch das Potenzial der zukünftig verfügbaren Kapazität von V2XAnwendungen mit alternativen Speichertechnologien verglichen. Der Fokus liegt dabei auf dem Abgleich mit stationären Speicherkapazitäten. Der Bedarf an stationären Batterien wird in einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ermittelt. Die Studie des Fraunhofer-Instituts kommt zu dem Ergebnis, dass für eine sichere Stromversorgung auf Basis von 100 % erneuerbaren Energien dezentrale und zentrale stationäre Batteriespeicher in großem Umfang erforderlich sind (Fraunhofer ISE, 2022).

Abbildung 47: Bedarf an elektrischer Speicherkapazität in Deutschland bis 2035; eigene Darstellung nach (Fraunhofer ISE, 2022) und P3-Hochlaufmodell Bidi (verfügbare Batteriekapazität (optimistisches Szenario): 50 kWh/BEV)

Bis 2030 werden laut Fraunhofer-Institut in Deutschland ca. 100 GWh an stationären Batteriespeichern benötigt, bis 2045 ca. 180 GWh. Der direkte Vergleich in der Abbildung zeigt, dass V2X den Ausbaubedarf an stationären Batteriespeichern im Jahr 2030 nahezu vollständig decken kann – mit der Einschränkung, dass bidirektionale Fahrzeuge zeitlich nicht immer zur Verfügung stehen. Im Jahr 2035 kann durch V2X deutlich mehr Batterieleistung bereitgestellt werden als benötigt wird. Die Studie 67


Vergleich zu Alternativen bestätigt zudem, dass der Bedarf an stationären Speichern insbesondere davon abhängt, inwieweit Batteriespeicher aus Elektrofahrzeugen systemdienlich eingesetzt werden. Zusammenfassend kann daher der Ausbau stationärer Batteriespeicher durch V2X-Anwendungen zu großen Teilen stark reduziert werden.

In Kürze Der stärkere Ausbau von Anlagen zur Stromerzeugung aus fluktuierenden erneuerbaren Energien führt zu einem höheren Bedarf an Flexibilität, um den fluktuierenden Strom effektiv in das Energiesystem zu integrieren. Dabei ist der Anstieg des Strombedarfs (durch Elektromobilität, Wärmepumpen etc.) ein zentraler Treiber für den notwendigen Ausbaubedarf der Stromspeicher. Auf Basis der analysierten Studien wird sich die Lithium-Ionen-Batterie als meisteingesetzte Speichertechnologie in Zukunft durchsetzen. Der Umstieg auf die Elektromobilität ist zentraler Treiber dieser Entwicklung. Wenn Lithium-Ionen-Batterien für den Einsatz im Verkehr nicht mehr leistungsstark genug sind, können sie perspektivisch auch als Second-Life-Speicher weiterverwendet werden. Der Bedarf an Heimspeichern steigt und wird durch den Ausbau von PV-Anlagen und Wärmepumpen im Wohnbereich weitergetrieben. Durch diese Entwicklung werden vor allem V2H-Anwendungen als Alternative zum Heimspeicher sehr attraktiv. Durch die Nutzung des Potenzials bidirektionaler Elektrofahrzeuge kann der Ausbau an zusätzlichen stationären Batteriespeichern stark reduziert werden. Dadurch sinkt der Investitionsbedarf und zusätzlich können Ressourcen eingespart werden. Neben Batteriespeichern ist der Einsatz von alternativen Speichertechnologien, wie Power-to-Gas, Druckluftspeicher oder Redox-Flow-Batterien, sinnvoll, um die Bereitstellung von Flexibilitäten vor allem über längere Zeiträume sicherzustellen. Diese Technologien werden insbesondere für die saisonale Speicherung wichtig, die nicht durch mobile Speicher erfolgen kann.

68


Handlungsempfehlungen

4 Handlungsempfehlungen Um das Potenzial des bidirektionalen Ladens zu nutzen, muss die Machbarkeit schnell erreicht werden. Dazu müssen technische, regulatorische und wirtschaftliche Hürden überwunden werden. Um eine zeitnahe Umsetzung des bidirektionalen Ladens in Deutschland zu ermöglichen, sind Maßnahmen der beteiligten Akteure erforderlich. Im Folgenden werden konkrete Handlungsempfehlungen definiert, die gezielt auf die Umsetzung der Maßnahmen ausgerichtet sind.

4.1 Einordnung der Use Cases und Maßnahmen Es folgt eine tabellarische Einordnung der Technologien V2H und V2G hinsichtlich des aktuellen Stands der technischen, regulatorischen, ökonomischen und zeitlichen Umsetzbarkeiten. Einordnung

Stand jetzt nicht umsetzbar

der Umsetzbarkeit

Bereits vollständig umsetzbar

Technische Umsetzbarkeit V2H Technisch umsetzbar, jedoch bisher nur proprietäre Systeme. Noch keine Marktreife vorhanden. ➢ Einheitliche Schnittstellen erforderlich, um Kommunikation herstellerübergreifend im Ökosystem umzusetzen (Schnittstelle WB und EMS/WB und iMSys) ➢ Geringe Entladeleistungen (<1 kW) führen noch zu einer niedrigen E2EEffizienz; hier sollte optimiert werden

Technische Umsetzbarkeit V2G Technisch umsetzbar, wenn alle Systeme und Schnittstellen aufeinander abgestimmt sind. ➢ Schnittstellen zum öffentlichen Netz müssen geklärt werden ➢ Regelleistung: Präqualifikationsanforderungen auf EVFlotte müssen angepasst werden ➢ Arbitrage: technisch umsetzbar ➢ AC V2G: Klärung der Übertragung der Netzparameter zwischen AC-Wallbox und (bidi) OBC notwendig

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Handlungsempfehlungen Regulatorische Umsetzbarkeit V2H

Regulatorische Umsetzbarkeit V2G

Rechtlich stehen dem Einsatz von V2H und V2B keine Hindernisse im Wege, d. h., diese Formen des bidirektionalen Ladens lassen sich heute bereits rechtlich umsetzen.

Hier besteht noch rechtlicher Klärungsbedarf.

Ökonomische Umsetzbarkeit V2H

Ökonomische Umsetzbarkeit V2G

Für die wirtschaftliche Umsetzung sind noch Hürden zu überwinden. ➢ Förderprogramme (Wallboxen bidi) können die Wirtschaftlichkeit steigern ➢ Aufgrund der geringen Rückspeiseleistungen im V2H-Kontext kommt es zu Effizienzverlusten ➢ Die Dauerbelastung der Elektronik im Fahrzeug sowie plattformbedingte Einschränkungen reduzieren die Nutzbarkeit

➢ Formulierung einer Definition im Rechtsrahmen (EnWG) ➢ Gleichstellung mobiler und stationärer Speicher zur Reduzierung/Befreiung von Netzentgelten (EnWG § 14a, § 118) ➢ Befreiung mobiler Speicher von der Konzessionsabgabe (EnWG § 48) ➢ Befreiung von der Stromsteuer (StromStG)

Aufgrund des fehlenden Rechtsrahmens ist die V2G-Anwendung noch nicht ökonomisch umsetzbar (Doppelbelastung etc.). ➢ Die rechtliche Ausarbeitung der Steuern und Abgaben kann einen großen Einfluss auf das Umsatzpotenzial pro Fahrzeug haben ➢ Geschäftsmodelle beteiligter Akteure (Aggregator, OEM, LIS-Hersteller, Endkund:innen) müssen ausgearbeitet werden

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Handlungsempfehlungen

Zeitliche Umsetzbarkeit V2H Erste proprietäre Angebote kommen voraussichtlich Ende 2023 auf den Markt. ➢ Um eine Skalierbarkeit zu erreichen, müssen interoperable Komponenten im gesamten lokalen Ökosystem verfügbar sein – dafür ist die Einigung auf herstellerübergreifende Standards Voraussetzung

Zeitliche Umsetzbarkeit V2G Umsetzung vorerst nur in Pilotprojekten. ➢ Kommerziell realisierbar wird V2G erst, wenn regulatorische Hemmnisse beseitigt sind ➢ Erste Angebote werden ab 2025 erwartet – diese sind jedoch noch proprietär, weisen also herstellergebundene Komponenten auf, wodurch ein Lock-in-Effekt auftreten kann

Tabelle 4: Bewertung der technischen, regulatorischen, wirtschaftlichen und zeitlichen Umsetzbarkeit von V2H und V2G

Nachfolgend wird der zeitliche Ablauf der Maßnahmen zur Umsetzung von bidirektionalem Laden in einem Prozessstrahl bis zum Jahr 2027 und darüber hinaus aufbereitet.

71


Handlungsempfehlungen

Abbildung 48: Zeitlicher Ablauf der Maßnahmen zur Umsetzung von bidirektionalem Laden; eigene Darstellung

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Handlungsempfehlungen Für die in Abbildung 48 aufgezeigten Maßnahmen werden Prämissen für die zeitliche Implementierung von V2H und V2G getroffen, an denen sich die Umsetzung der Maßnahmen orientiert. Der Rollout von V2H beginnt bereits im Jahr 2023 und setzt sich kontinuierlich fort. Für V2G sind bereits heute vorbereitende Maßnahmen notwendig, um ab ca. 2025 den Rollout von V2G zunächst mit proprietären Systemen zu starten. Ab dem Jahr 2027 wird der technische Rollout von interoperablen V2G-Systemen erwartet. Die Maßnahmen in dem Rollout sind nachfolgend detailliert beschrieben. Akteur

Maßnahmen Aufklärung und Wissensverbreitung: Aufklärung über Technologie bidirektionales Laden: Potenziale und Nutzen für die Gesellschaft und die Endkund:innen aufzeigen (Bundes- und Landesebene)

Politik als Fördermittelgeber

Förderung von Forschungsprojekten für V2G: Förderung der Forschung zum flächendeckenden Einsatz von V2G sowie des Ziels Effizienzsteigerung und Kostensenkung von bidirektionaler Ladeinfrastruktur. Förderprogramme für den Rollout: Förderprogramme für den Rollout von interoperabler bidirektionaler Ladeinfrastruktur und BEV, um Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems zu steigern und eine Marktdurchdringung zu erreichen. Mit dem KfW-Zuschuss 442 ist dafür ein erstes Programm geschaffen9.

Politik als Gesetzgeber

Klärung regulatorischer Hemmnisse: Formulierung einer Definition im Rechtsrahmen (EnWG), Gleichstellung mobiler und stationärer Speicher zur Reduzierung/Befreiung von Netzentgelten (EnWG § 14a, § 118), Befreiung mobiler Speicher von der Konzessionsabgabe (EnWG § 48), Befreiung von der Stromsteuer (StromStG). Harmonisierung der Netzanschlussbedingungen: deutschlandweit einheitliche Netzanschlussbedingungen für Ladeinfrastruktur (beziehungsweise mobile Speicher) für alle VNB.

Netzbetreiber (VNB/ÜNB)

Digitalisierung der Stromnetze: Zielbild mit einheitlichen digitalen Schnittstellen und flächendeckende intelligente Messeinrichtungen. Implementierung einheitlicher Grid Codes (europaweit): Eine Reform der Grid Codes ist momentan durch ACER in Entwicklung. Diese wird besonders wichtig für die Umsetzung von AC bidirektional. Die Grid Codes sollten anschließend national durch die Netzbetreiber angewendet werden.

9

Mit dem neuen Förderprogramm „Solarstrom für Elektrofahrzeuge“, das am 26. September 2023 gestartet ist, wird ein erster Zuschuss für eine Wallbox mit bidirektionaler Ladefähigkeit ermöglicht. Dieser beträgt pauschal 1.200 €. Damit wird das V2H-Konzept mit PV-Anlage, Batteriespeicher und Energiemanagement unterstützt. (KfW, 2023)

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Handlungsempfehlungen

Messstellenbetreiber

Rollout iMSys/SMGW: zeitnaher Rollout intelligenter Messsysteme mit SMGW für alle Letztverbraucher:innen.

Energie-

Entwicklung Geschäftsmodelle: attraktive Geschäftsmodelle zur Vergütung

Aggregatoren

von bidirektionalem Laden (V2G).

Stromanbieter

Angebot dynamischer Stromtarife: wichtig für die Wirtschaftlichkeit des lokalen Systems und für die Umsetzung des Anwendungsfalls Arbitrage, damit der Aggregator Strommengen am Markt handeln kann.

Fahrzeughersteller

Markteinführung bidirektionaler BEV: Auslegung der Fahrzeugplattform auf bidirektionales Laden (Betriebszeiten der Steuergeräte, Zyklen-Belastung, Garantiebedingungen) und anschließende Markteinführung von Fahrzeugen befähigt mit ISO 15118-20. Zertifizierung OBC (AC bidi): Für die Umsetzung der AC-Technologie muss der OBC für die Netzeinspeisung zertifiziert werden und die nationalen Netzanschlussbedingungen erfüllen. Standardisierung Kommunikation im Ökosystem: einheitliche Kommunikationsprotokolle im gesamten Ökosystem in Ladepunkte implementieren. Absprache muss mit Energiemanagementsystem, iMSys und Betreiber von Ladestationen erfolgen.

Ladeinfrastruktur Hersteller

Markteinführung bidirektionaler Ladeinfrastruktur: Fokus auf privaten und gewerblichen Bereich. Skalierung und Kostensenkung des Angebots: Skalierung und Wettbewerb der bidirektionalen Systeme erwünscht, um eine Kostensenkung und so eine höhere Marktdurchdringung zu erreichen.

Standardisierungs/Normungsgremien

Endkund:innen (privat/gewerblich)

Standardisierung Schnittstelle zum Stromnetz: Schaffung interoperabler, standardisierter Kommunikationsprotokolle für die Schnittstelle zum öffentlichen Netz (Protokolle für Fahrzeug und Ladeinfrastruktur sind bereits verfügbar, Einigung auf Standard muss von Herstellern erfolgen). Kaufentscheidung Gesamtsystem und Umsetzung der Anwendung V2H/V2B (perspektivisch V2G): Endkund:innen müssen die Anreize und Rahmenbedingungen kennen, um eine Kaufentscheidung für ein Gesamtsystem, bestehend aus BEV, Wallbox und (optional) Energiemanagementsystem zu treffen und die Anwendungsfälle des bidirektionalen Ladens umzusetzen. Bereitstellung von Flexibilität (V2G): Endkund:innen stellen Flexibilität mit individueller Kapazität und zeitlichem Rahmen sowie Rückspeisung in das öffentliche Stromnetz zur Verfügung.

Tabelle 5: Identifikation der Maßnahmen beteiligter Akteure zur Etablierung von bidirektionalem Laden

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Handlungsempfehlungen

4.2 Konkrete Handlungsempfehlungen Klärung des regulatorischen Rahmens Für die Umsetzung von V2G müssen Anpassungen im Rechtsrahmen erfolgen. 1. Eine allgemeine Definition für Energiespeicher ist in § 3 Nr. 15 EnWG so zu formulieren, dass sie sowohl für stationäre als auch für bidirektionale Speicher gültig ist. 2. Eine Gleichstellung in § 14a EnWG von mobilen und stationären Stromspeichern ist gefordert, um eine Reduzierung der Netzentgelte auch für mobile Speicher gelten zu lassen. 3. Eine Anpassung von § 118 Abs. 6 EnWG ist zu formulieren, um mobile Speicher in die Befreiung der Netzentgelte einzuschließen. 4. Eine Änderung in § 48 Abs. 1 EnWG wird gefordert, um bidirektional eingespeisten Strom von der Entrichtung der Konzessionsabgaben zu befreien. 5. Um mobile Speicher von der Stromsteuer zu befreien, bedarf es einer Anpassung des Befreiungstatbestands in § 9 StromStG und einer Ergänzung in § 1a StromStV um den Anwendungsfall V2G. 6. Um Missbrauch durch eine steuerbefreite Ladung beim Arbeitgeber und anschließende Versorgung des privaten Haushalts (V2H) zu vermeiden, wird eine vertragsrechtliche Regelung in der Dienstwagenvereinbarung empfohlen. Standardisierung der Schnittstellen Einheitliche Kommunikationswege für die Schnittstelle zwischen Ladepunkt und Messeinrichtung sowie für die Schnittstelle zum öffentlichen Netz sind erforderlich, um herstellerübergreifend Ökosysteme umzusetzen. Somit wird der Wettbewerb gefördert und Kund:innen können das für sich optimale Ökosystem aufbauen. Optimalerweise sollten Fördermittel mit der technischen Entwicklung und damit dem Vorhandensein von Standards abgestimmt werden, um interoperable Systeme gegenüber den Kund:innen zu fördern. Aufzeigen des Potenzials und des Nutzens von bidirektionalem Laden Um die Technologie des bidirektionalen Ladens zu verbreiten, ist es wichtig, den Nutzen für die Gesellschaft durch die Aufklärung seitens der öffentlichen Träger zu verdeutlichen. Endkund:innen müssen sich für den Kauf des Gesamtsystems entscheiden und höhere Investitionskosten in Kauf nehmen. Anschließend entscheiden weiterhin Endkund:innen über die quantitative und zeitliche Verfügbarkeit der Flexibilität, weshalb der Nutzen geklärt werden muss.

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Handlungsempfehlungen Erreichen der Marktreife und anschließender Rollout der Technologie Nach Klärung der technischen und regulatorischen Rahmenbedingungen ist die Marktreife anzustreben. Dazu ist die Markteinführung von bidirektionalen Elektrofahrzeugen und bidirektionaler Ladeinfrastruktur unter Berücksichtigung der vereinbarten Rahmenbedingungen wichtig. Durch Förderprogramme auf Bundes- oder Landesebene sollte der Rollout der Technologie mit der Marktreife beschleunigt werden, um möglichst schnell eine flächendeckende Umsetzung zu erreichen. Entwicklung attraktiver Geschäftsmodelle für die beteiligten Akteure Zur Etablierung bidirektionalen Ladens bedarf es attraktiver Geschäftsmodelle für die Vergütung von netzdienlicher Flexibilität. Diese richten sich an Endkund:innen, aber auch an Anbieter der Technologie und an Aggregatoren, die die Flexibilität schlussendlich vermarkten. Durch die Schaffung einheitlicher Marktprodukte und Prozesse für Flexibilitätsdienstleistungen kann die Zahlung eines angemessenen Entgelts einheitlicher erfolgen. Digitalisierung Stromnetz und sichere sowie zeitnahe Implementierung des Messkonzepts für V2G-Anwendungen Das Zielbild des digitalisierten Stromnetzes soll einheitliche, digitale Schnittstellen und flächendeckende intelligente Messeinrichtungen umfassen. Das BSI strebt aktuell die Umstellung des Messwesens auf intelligente Messsysteme unter Verwendung sogenannter zertifizierter Smart-Meter-Gateways an. Der Rollout dieser Messsysteme sollte zeitnah für alle Letztverbraucher:innen erfolgen, um Messkonzepte für die Abrechnung von V2G-Anwendungen für alle Marktakteure zu definieren und dem Netzbetreiber eine Abbildung des Netzzustands in Echtzeit zu gewährleisten. Die verbesserte Ausgestaltung von § 14c EnWG kann für Verteilnetzbetreiber einen Anreiz bieten, die flexiblen Dienstleistungen auf der Niederspannungsebene einzusetzen. Dazu wird eine digitale Ausstattung der Netze notwendig. Klärung der einheitlichen Umsetzung der bidirektionalen AC-Technologie Für die Umsetzung der AC-Technologie müssen die Zertifizierung und die Umsetzung nationaler Netzanschlussbedingungen des OBC im Fahrzeug geklärt werden. Die Einführung europaweit einheitlicher Grid Codes wird für die einfachere Implementierung der bidirektionalen AC-Technologie empfohlen.

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Handlungsempfehlungen

4.3 Fazit und Ausblick Zusammenfassung der einzelnen Kapitel 1 Potenzialermittlung Die Anzahl bidirektionaler BEV im Bestand wird stetig ansteigen (2025: 0,4 Millionen (11 %); 2030: 5,2 Millionen (39 %); 2035: 21,7 Millionen (65 %)). Bei Ladepunkten im privaten und gewerblichen Bereich liegen die größten Potenziale. Im Heimladen steigt der Anteil bidirektionaler Ladeinfrastruktur bis 2035 auf ca. 40 %, beim Laden am Arbeitsplatz auf ca. 36 %. Die Anzahl bidirektionaler BEV wird durch die Verfügbarkeit der bidirektionalen Ladepunkte eingeschränkt. Im Jahr 2030 stehen somit nur ca. 2 Millionen BEV, im Jahr 2035 ca. 7,6 Millionen BEV tatsächlich für die Entladung von Strom zur Verfügung. Mit 50 kWh pro BEV kann somit im Jahr 2035 eine Gesamtkapazität von ca. 380 GWh erreicht werden. Wenn alle BEV mit einer Leistung von 11 kW gleichzeitig entladen könnten, steht im Jahr 2035 eine Leistung von ca. 85 GW zur Verfügung.

2 Rahmenbedingungen Die größten Hürden für eine flächendeckende Umsetzung von V2G liegen noch im regulatorischen Bereich. Für den wirtschaftlichen Einsatz ist vor allem die Gleichstellung mobiler und stationärer Speicher zur gleichwertigen Befreiung von Netzentgelten, Konzessionsabgaben und der Stromsteuer sowie die Formulierung einer einheitlichen Definition im Rechtsrahmen, die sowohl stationäre als auch mobile Speicher umfasst, notwendig. Es fehlen noch einheitliche Normen und Schnittstellen, um das bidirektionale Laden herstellerübergreifend umzusetzen und Endkund:innen die größte Flexibilität zu bieten. Potenzielle Nutzer:innen müssen bereit sein, bidirektionale Systeme zu nutzen, wobei der monetäre Anreiz die Bereitschaft stark fördern kann. Es ist bereits ein großes Potenzial für das bidirektionale Laden verloren gegangen. Eine Nachrüstung bestehender Elektrofahrzeuge zum bidirektionalen Laden ist technisch derzeit nicht realisierbar.

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Handlungsempfehlungen

3 Vergleich mit Alternativen Der Bedarf an Heimspeichern steigt und wird perspektivisch durch den Ausbau von PV-Anlagen und Wärmepumpen im Wohnbereich weitergetrieben. Durch diese Entwicklung werden vor allem V2HAnwendungen als Alternative zum Heimspeicher sehr attraktiv. Durch die Nutzung des Potenzials bidirektionaler Elektrofahrzeuge kann der Ausbau an zusätzlichen stationären Batteriespeichern stark reduziert werden. Dadurch sinkt der Investitionsbedarf und zusätzlich können Ressourcen eingespart werden. Den Einsatz alternativer Speichertechnologien wie Power-to-Gas, Druckluftspeicher oder Redox-Flow-Batterien ersetzt das bidirektionale Laden jedoch nicht, da diese Technologien vor allem die längere und saisonale Speicherung sicherstellen.

4 Handlungsempfehlungen V2H hat tendenziell eine größere Reife der Umsetzbarkeit und wird auch zeitlich gesehen als erste Anwendung eingeführt werden. Für V2G ist vor allem die regulatorische Umsetzbarkeit zu klären und die Geschäftsmodelle sind auszuarbeiten. Um die Potenziale des bidirektionalen Ladens erfolgreich nutzen zu können, müssen die Maßnahmen der einzelnen Akteure zeitlich aufeinander abgestimmt werden. Vor einem flächendeckenden Rollout der Technologie müssen zunächst die Rahmenbedingungen geklärt werden. Konkreter Handlungsbedarf besteht hinsichtlich der Klärung der technischen und regulatorischen Rahmenbedingungen, des anschließenden Rollouts der Technologie und der Entwicklung attraktiver Geschäftsmodelle. Darüber hinaus sollten seitens der Politik das Potenzial und der Nutzen von bidirektionalem Laden aufgezeigt werden, um die Bereitschaft der Endkund:innen zu erhöhen.

Fazit Bidirektionales Laden bietet ein großes Potenzial für die Bereitstellung und den flächendeckenden Einsatz von Flexibilitäten in Deutschland. Um dieses Potenzial voll ausschöpfen zu können, müssen jedoch vor allem noch regulatorische Hürden überwunden werden. Zudem sollte eine Einigung der technischen Umsetzung erfolgen und Maßnahmen wie die Digitalisierung der Stromnetze und der SMGW-Rollout sollten umgesetzt werden. In der Anfangsphase der Technologieentwicklung wird der Fokus auf der Etablierung von bidirektionalem Laden im lokalen Bereich (V2H) liegen. Das Gesamtsystem umfasst weniger Akteure und besitzt eine geringere technische Komplexität, da es weniger Schnittstellen gibt. Dennoch muss für 78


Handlungsempfehlungen eine flächendeckende Umsetzung die Marktreife erreicht und das Produktangebot am Markt muss interoperabel erweitert werden. Zudem müssen die Geschäftsmodelle und die Anreize für die Endkund:innen attraktiv und wirtschaftlich gestaltet werden. Bei der Umsetzung von V2G und der Anbindung des Fahrzeugs an das öffentliche Netz besteht noch der größte Handlungsbedarf. Entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung sind vor allem der rechtliche Rahmen und die Ausgestaltung der Geschäftsmodelle. Hier ist die Politik in der Verantwortung, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Umsetzung von V2G rechtlich und auch wirtschaftlich zu ermöglichen. Erste Angebote für V2X sind noch stark herstellergebunden. Um die Marktreife von V2X zu erreichen, muss sich die Industrie auf Standards für das gesamte Ökosystem der Schnittstellen und Kommunikation für V2G einigen, um langfristig herstellerübergreifende, nicht proprietäre Systeme anbieten zu können. Für bidirektionale DC-Systeme ist die technische Umsetzung weitgehend geklärt, weshalb sich die Angebote am Markt in der Anfangsphase auf diese Technologie konzentrieren werden. Für bidirektionale AC-Systeme ist vor allem die fahrzeugseitige technische Umsetzung noch zu klären. Neben der technischen und rechtlichen Klärung ist für die Etablierung von V2X-Anwendungen die Bereitschaft der Endkund:innen zur Bereitstellung von Flexibilitäten eine der wichtigsten Voraussetzungen. Der Nutzen muss den Aufwand und die Investition aus Endkundensicht rechtfertigen. Dazu müssen Erlöspotenziale für Endkund:innen anhand von Anreizen und Geschäftsmodellen klar aufgezeigt werden. Die Geschäftsmodelle müssen darüber hinaus auch für die weiteren beteiligten Stakeholder wirtschaftlich umsetzbar sein. Um das volle Potenzial des bidirektionalen Ladens zu realisieren, muss die Technologie in das öffentliche Stromnetz integriert werden. Übergeordnetes Ziel sollte es sein, die Flexibilitäten von bidirektionalem Laden netzdienlich zu nutzen. Die hohen Leistungen und Energiemengen können dennoch je nach Anwendungsfall vor allem lokal zu Netzausbaubedarf führen.

Ausblick Bidirektionales Laden wird Einzug in den deutschen Markt halten. Um das verlorene Potenzial so gering wie möglich zu halten, müssen die Rahmenbedingungen so schnell wie möglich von Politik und Industrie geschaffen werden. Wie diese Studie zeigt, wird sich bidirektionales Laden zunächst auf den privaten und gewerblichen Bereich konzentrieren. Perspektivisch sollten auch öffentliche Ladepunkte in den Fokus rücken, um das Potenzial gesamtwirtschaftlich zu realisieren. Dabei werden vor allem Ladepunkte mit langen Standzeiten wie Ladepunkte an Park-and-Ride-Parkplätzen, in öffentlichen Parkhäusern oder an Flughafenparkplätzen geeignet sein. 79


Handlungsempfehlungen Im Rahmen der Studie liegt der Fokus auf den Potenzialen von Pkw, perspektivisch sollten auch Nutzfahrzeuge berücksichtigt werden. Es ist zu erwarten, dass Nutzfahrzeuge aufgrund ihrer großen Batteriekapazitäten im Zuge der fortschreitenden Elektrifizierung zukünftig ein erhebliches Potenzial für das bidirektionale Laden haben werden. Auch hier sind die rechtlichen Rahmenbedingungen zu definieren und entsprechende Geschäftsmodelle zu entwickeln, um das Potenzial voll auszuschöpfen. Die vorliegende Studie betrachtet die Potenziale in Deutschland. Darüber hinaus sollten europaweite beziehungsweise internationale Potenziale abgeschätzt werden. Die technische und rechtliche Zulassung sollte über Ländergrenzen hinweg einheitlich funktionieren, damit Kund:innen zukünftig auch im Ausland die Vorteile nutzen können oder Gebrauchtwagen in anderen Märkten die bidirektionale Ladefunktion behalten.

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Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: CO2-Flottenziele auf europäischer Ebene; P3-Hochlaufmodell .......................................... 3 Abbildung 2: Jährliche Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen (BEV) in 1.000 Einheiten; Quelle: P3Hochlaufmodell ....................................................................................................................................... 4 Abbildung 3: Pkw-Bestand nach Antriebsart in % (absolut in Millionen Einheiten); Quelle: P3Hochlaufmodell ....................................................................................................................................... 4 Abbildung 4: BEV-Neuzulassungen 2022 nach Automobilkonzern; nach (Kraftfahrtbundesamt, 2023) . 5 Abbildung 5: Hochlauf BEV-Neuzulassungen nach Automobilkonzern; P3-Hochlaufmodell ................... 5 Abbildung 6: Neuzulassungen BEV (bidirektional befähigt vs. nicht befähigt); P3-Hochlaufmodell ........ 9 Abbildung 7: Bestand BEV (bidirektional vs. nicht bidirektional) in % (absolut in Millionen Einheiten); P3Hochlaufmodell ..................................................................................................................................... 10 Abbildung 8: Bestand von elektrischen Nutzfahrzeugen (>12 t) nach Antriebsart in Deutschland bis 2030 in 1.000 Einheiten; nach (NOW GmbH, 2023) ....................................................................................... 11 Abbildung 9: Speicherpotenzial elektrischer Nutzfahrzeuge (>12 t) in Deutschland bis 2030; (NOW GmbH, 2023), (eigene Berechnungen) .................................................................................................. 11 Abbildung 10: Anwendungsfälle Laden; eigene Darstellung .................................................................. 13 Abbildung 11: Bestand an Ladepunkten nach Anwendungsfall; P3-Hochlaufmodell ............................ 14 Abbildung 12: Übersicht bidirektional befähigter Ladehardware; eigene Darstellung .......................... 15 Abbildung 13: Prozentuale Anteile bidirektionaler AC- und DC-Ladeinfrastruktur auf dem europäischen Markt; eigene Darstellung ..................................................................................................................... 15 Abbildung 14: Beispielhafter vereinfachter Systemaufbau für das Heimladen; eigene Darstellung ...... 16 Abbildung 15: Bestand an Ladepunkten nach Technologie im Bereich Heimladen; P3-Hochlaufmodell ............................................................................................................................................................... 17 Abbildung 16: Bestand an Ladepunkten nach Technologie im Bereich Laden am Arbeitsplatz; P3Hochlaufmodell ..................................................................................................................................... 18 Abbildung 17: Stufen der Fahrzeugintegration über verschiedene Anwendungsfälle; eigene Darstellung ............................................................................................................................................................... 19 Abbildung 18: Berechnungslogik Verfügbarkeit bidirektionaler BEV; eigene Darstellung ..................... 20 Abbildung 19: Potenzial verfügbare bidirektionale BEV für das Rückspeisen von Strom; P3Hochlaufmodell ..................................................................................................................................... 21 Abbildung 20: Technisch verfügbare Batteriekapazität; P3-Hochlaufmodell......................................... 21 Abbildung 21: Technisch verfügbare Maximalleistung; P3-Hochlaufmodell.......................................... 22 Abbildung 22: V2H, lokales Energiemanagement; eigene Darstellung .................................................. 23 Abbildung 23: V2G-Arbitrage; eigene Darstellung ................................................................................. 23 88


Abbildungsverzeichnis Abbildung 24: V2G-Netzdienstleistungen; eigene Darstellung .............................................................. 24 Abbildung 25: Beispielhaftes Lade- und Entladeverhalten im Tagesverlauf in Abhängigkeit vom Börsenstrompreis; P3-Arbitrage-Modell (Annahmen: BEV mit 55 kWh, Strompreise vom 08.03.2022, durchschnittl. Arbeitsweg von 16,9 km) ................................................................................................ 25 Abbildung 26: Gleichzeitigkeitsfaktor für verschiedene Ladeleistungen; links: (ef. Ruhr, 2021) rechts: (Agora Verkehrswende, Agora Energiewende, Regulatory Assistance Project (RAP), 2019) ................. 27 Abbildung 27: Maximale und minimale gleichzeitige Leistung pro EV und Netz für 2040; (Müller et al. M. , 2022) .............................................................................................................................................. 28 Abbildung 28: Anreize und GZF-Szenario 1 „Unreguliert“; (Epex Spot, 2022, 2019) ............................. 29 Abbildung 29: Anreize und GZF-Szenario 2 „Marktbasiert mit lokalen Eingriffen“; 1: (Epex Spot, 2022, 2019)...................................................................................................................................................... 30 Abbildung 30: Systemaufbau AC- und DC-Laden/Entladen; eigene Darstellung.................................... 31 Abbildung 31: Normen und Standards für die technische Umsetzung des bidirektionalen Ladens; eigene Darstellung............................................................................................................................................. 43 Abbildung 32: Lösungsdreieck für Effizienzprobleme bei bidirektionalem Laden ................................. 45 Abbildung 33: Mögliche Erlöspotenziale durch bidirektionales Laden pro Jahr und pro Elektroauto/Haushalt; (FfE, 2021) (Kern et al., 2020) (P3-Modell) ........................................................ 46 Abbildung 34: Kosten infolge der Verbreitung von bidirektionalem Laden und Kostenumlage; eigene Darstellung............................................................................................................................................. 50 Abbildung

35:

Geschäftsmodell

Full-Service-Anbieter

(V2H)

für

die

Anwendungsfälle

Eigenverbrauchsoptimierung und preisoptimiertes Laden/Entladen; eigene Darstellung .................... 52 Abbildung 36: Geschäftsmodell Aggregator – Arbitrage (V2G) – EV-Aggregationsplattform: Ein Energieaggregator bietet verfügbare Energie zum Verkauf auf dem Energiemarkt an; eigene Darstellung, 1: (next kraftwerke, 2020) , 2: (Kern et al., 2020) .................................................................................. 54 Abbildung 37: Geschäftsmodell Aggregator – Regelleistung (V2G) – EV-Aggregationplattform: Ein Energieaggregator bietet verfügbare Energie zum Handel auf dem Regelenergiemarkt an; eigene Darstellung, 1: (next kraftwerke, 2020)),2: P3-Experten ....................................................................... 55 Abbildung 38: Jährliche historische Neuzulassungen von BEV mit durchschnittlicher Batteriekapazität (links) und Vergleich von Neuzulassungen und Bestand bis zum Jahr 2023 (rechts); eigene Darstellung nach (Kraftfahrtbundesamt, 2023) ........................................................................................................ 55 Abbildung 39: Theoretisch verlorene Batteriekapazität (links) und theoretische Leistung des BEVBestands 2023 (rechts), jeweils im Vergleich mit der Kapazität und der Leistung der Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland; (Kraftfahrtbundesamt, 2023), (BNetzA, 2023) .................... 56 Abbildung 40: Technologieüberblick Energiespeicher; eigene Darstellung ........................................... 59

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 41: Vergleich alternativer Speichertechnologien; eigene Darstellung nach 1: (European Comission, 2023) und 2: (Mongird et al., 2020) .................................................................................... 60 Abbildung 42: Batteriekosten nach Technologie; eigene Darstellung nach (Figgener et al, 2023) ........ 62 Abbildung 43: Kosten mobiler Batteriespeicher Endkund:innen (links) und Kosten stationärer Heimspeicher Endkund:innen (rechts) im Jahr 2023; nach 1 (Kostenübersicht bidirektionales Laden für Endkund:innen; Kapitel 2), 2 (energieheld, 2023), 3 (P3-Marktimplikation durch aktuell erhältliche bidirektionale Fahrzeuge) und 4 (Figgener et al, 2023) ......................................................................... 63 Abbildung 44: Kosten mobiler Batteriespeicher Endkund:innen (links) und Kosten stationärer Heimspeicher Endkund:innen (rechts) im Jahr 2030; nach 1 (Kostendegression nach P3-Marktmodell und P3-Marktimplikation), 2 (Kostenprognose für Heimspeicher 2030 nach (BMWi, 2022)) und 3 (Kostendegression nach P3-Marktimplikation und Ankündigungen bidirektionaler Fahrzeugmodelle von Fahrzeugherstellern).............................................................................................................................. 64 Abbildung 45: Batteriekapazität in Deutschland; eigene Darstellung nach (MaStR, 2023) ................... 65 Abbildung 46: Bedarf an installierter Leistung in Deutschland bis 2037; eigene Darstellung nach (Agora Energiewende, Prognos, Consentec, 2022), (Übertragungsnetzbetreiber CC-BY-4.0, 2023) und P3Hochlaufmodell Bidi (verfügbare Entladeleistung: 11 kW/BEV) ............................................................ 66 Abbildung 47: Bedarf an elektrischer Speicherkapazität in Deutschland bis 2035; eigene Darstellung nach (Fraunhofer ISE, 2022) und P3-Hochlaufmodell Bidi (verfügbare Batteriekapazität (optimistisches Szenario): 50 kWh/BEV) ......................................................................................................................... 67 Abbildung 48: Zeitlicher Ablauf der Maßnahmen zur Umsetzung von bidirektionalem Laden; eigene Darstellung............................................................................................................................................. 72

Tabelle 1: Strategien deutscher OEM für die Markteinführung bidirektionalen Ladens (V2H/V2G); eigene Darstellung............................................................................................................................................... 6 Tabelle 2: Vor- und Nachteile der Vergütungsmodelle „Energieabhängige Vergütung“ und „Pauschale Vergütung“ ............................................................................................................................................ 48 Tabelle 3: Preise für Komponenten bidirektionaler Infrastruktur aus Perspektive der Endkund:innen. 51 Tabelle 4: Bewertung der technischen, regulatorischen, wirtschaftlichen und zeitlichen Umsetzbarkeit von V2H und V2G................................................................................................................................... 71 Tabelle 5: Identifikation der Maßnahmen beteiligter Akteure zur Etablierung von bidirektionalem Laden ............................................................................................................................................................... 74

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Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis AC ........................................................................................................................................ Wechselstrom BEV.............................................................................................................. Batterieelektrisches Fahrzeug CAPEX ................................................................................... Capital Expenditure bzw. Investitionskosten CCS .................................................................................................................. Combined Charging System CHAdeMO ................................................................................................. "Charge de Move" Schnittstelle DC ........................................................................................................................................... Gleichstrom EEG ..............................................................................................................Erneuerbare-Energien-Gesetz EMS ................................................................................................................ Energiemanagementsystem EstG..................................................................................................................... Einkommensteuergesetz GZF.......................................................................................................................... Gleichzeitigkeitsfaktor HEMS ................................................................................................... Heim-Energiemanagementsystem ICE ............................................................................... Internal Combustion Engine (Verbrennungsmotor) iMSys .................................................................................................................. intelligentes Messsystem KA................................................................................................................................ Konzessionsabgabe KAV ......................................................................................................... Konzessionsabgabenverordnung LCOS....................................................................................................................Levalized Cost of Storage MEB ....................................................................................................... Modularer E-Antriebs-Baukasten MID ..................................................................................................................... Mobilitat in Deutschland MRL................................................................................................................................... Minutenreserve MsbG ................................................................................................................Messstellenbetriebsgesetz NEFZ............................................................................................................ Neuer Europäische Fahrzyklus NEP ............................................................................................................... Netzentwicklungsplan Strom OBC ............................................................................................................................... On-Board-Charger OEM ................................................................... Original Equipment Manufacturer (Automobilhersteller) PHEV ........................................................................................................ Plug-in-Hybrid-Elektrofahrzeug PKW .......................................................................................................................... Personenkraftwagen PRL .............................................................................................................................. Primärregelleistung PV........................................................................................................................................... Photovoltaik RTE ........................................................................................................................... Round-Trip-Efficiency SMGW..................................................................................................................... Smart Meter Gateway SOC .................................................................................................................................... State of Charge SRL .......................................................................................................................... Sekundärregelleistung 91


Abkürzungsverzeichnis SteuVE.................................................................................................... steuerbare Verbraucheinrichtung StGB .................................................................................................................................. Strafgesetzbuch StromStG ......................................................................................................................Stromsteuergesetz StromStV .............................................................................................................. Stromsteuerverordnung ÜNB................................................................................................................. Übertragungsnetzbetreiber V1H/V1G ............................................................................................ Unidirektionales intelligentes Laden V2G .................................................................................................................................... Vehicle-to-Grid V2H .................................................................................................................................. Vehicle-to-Home V2L .................................................................................................................................... Vehicle-to-Load V2X......................................................................................................... Bidirektionales Laden (V2H/V2G) VDE ................................................................Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik VNB ............................................................................................................................. Verteilnetzbetreiber

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Anhang

Anhang Kategorie

Gesetz

Hinderung der praktischen Anwendung V2G

Vorschlag zur potenziellen Anpassung

Definition mobile Speicher

EnWG §3 Nr. 15d

Es fehlt eine Definition für mobile Speicher. Diese ist jedoch nur relevant, wenn daran Rechtsfolgen durch andere Vorschriften geknüpft werden.

Allgemeine Definition so formulieren, dass sie sowohl für stationäre wie bidirektionale Speicher passt. Vorschlag:

Für stationäre Speicher gilt über die neue Festlegung der BNetzA zu § 14a EnWG eine Reduzierung um 60 % der Netzentgelte. Mobile Speicher sind hierbei nicht berücksichtigt, wenn diese energiewirtschaftsrechtlich nicht als Verbraucher eingeordnet werden, da § 14a EnWG ausschließlich auf Verbrauchsanlagen Anwendung findet.

Gleichstellung mobiler Stromspeicher in § 14a EnWG und stationärer Stromspeicher, um die Reduzierung der Netzentgelte von 60 % auch für mobile Speicher gelten zu lassen. Eine Forderung darüber hinaus würde als unsachgerechte Privilegierung gelten. Für Einspeisungen gelten ohnehin keine Entgelte.

Netzentgelte

EnWG § 14a

„Energiespeicherung ist das Verschieben der endgültigen Nutzung auf einen späteren Zeitpunkt als den ihrer Erzeugung oder die Umwandlung elektrischer Energie in eine speicherbare Energieform oder die Speicherung solcher Energie und ihre anschließende Rückumwandlung in elektrische Energie.“

Werden mobile Stromspeicher hingegen nicht als Verbrauchsanlage eingestuft, entfaltet § 14a EnWG keinerlei Wirkung für sie und die 60 %Reduzierung entfällt. Anregung: Neben der Steuerung des „Verbrauchs“ sollte auch die Steuerung der „Einspeisung“ von elektrischer Energie aus Ladepunkten/mobilen Stromspeichern berücksichtigt werden.

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Anhang Befreiung von Netzentgelten

EnWG § 118 Abs. 6

§ 118 Abs. 6 EnWG: Neu errichtete Speicheranlagen sind von Entgelten für den Netzzugang freigestellt. Die Freistellung wird jedoch nur gewährt, wenn die elektrische Energie zur Speicherung zeitlich verzögert wieder in dasselbe Netz wie bei der Entnahme eingespeist wird. Die Anforderung „in dasselbe Netz“ ist häufig für mobile Speicher nicht erfüllbar.

Mobile Stromspeicher müssen eindeutig mit unter den Anwendungsbereich des § 118 Abs. 6 EnWG fallen. Dies kann durch Anknüpfen an die geänderte Definition des Speicher-Begriffs glücken, wenn dieser in Zukunft – wie hier vorgeschlagen – an die Funktion anknüpft und nicht an den Anlage-Begriff. Denkbar ist eine zusätzliche Vorgabe hinsichtlich des Zeitraums der Rückspeisung in ein Verteil-/Transportnetz „innerhalb eines Kalenderjahres“. Statt der Vorgabe „in dasselbe Netz“ sollte es in § 118 Abs. 6 Satz 3 EnWG heißen: „in ein Transport- oder Verteilnetz“.

Konzessionsabgaben

EnWG § 48

Die Konzessionsabgabe ist Teil des Strompreises, den der Verbraucher und damit auch ein Ladepunktbetreiber zu entrichten hat. Bislang ist kein Speicherprivileg in § 48 EnWG geregelt. Die besondere Herausforderung besteht darin, dass für einen Einund Ausspeiseort unterschiedliche Konzessionsabgaben zu zahlen sind, z. B. bei Einspeisung beim Arbeitgeber und Ausspeisung zu Hause (oder umgekehrt). Entsprechendes gilt im Falle der Einspeisung in Gemeinde X und Ausspeisung in Gemeinde Y. Unterschiedlich hohe Konzessionsabgaben an unterschiedlichen Ladeorten verursachen einen hohen bürokratischen Aufwand und eine Doppelabgabe, was in der Praxis zu einer abrechnungstechnisch

Als Lösung wird vorgeschlagen, in § 48 Abs. 1 EnWG eine Regelung für zwischengespeicherten Strom zu schaffen durch Einfügen der Sätze 3 und 4, durch die bidirektional in das Energieversorgungsnetz eingespeister Strom von der KAAbgabe befreit wird: „(1) Konzessionsabgaben sind […] weiterleitet. Der Strom, der zum Zwecke der elektrischen, chemischen, mechanischen oder physikalischen Zwischenspeicherung entnommen und als elektrische Energie wieder abgeben wird, gilt nicht als unmittelbare Letztverbraucherversorgung im Sinne von Satz 1 und 2. Für den in das Energieversorgungsnetz abgegebenen Strom im Sinne von Satz 3 gilt eine Befreiung von der 94


Anhang

Stromsteuer

StromStG § 2 Nr. 9 § 5 Abs. 4; §9 Abs. 1a; StromStV § 1a Abs. 2 Nr. 2

mit nicht mehr vertretbarem Aufwand verbundenen Hürde führt.

Entrichtung der Konzessionsabgaben.“

Steuerbefreiung notwendig:

1. Eine Ausdehnung der Speicherdefinition in § 2 Nr. 9 StromStG auf mobile Stromspeicher

1. Strom aus EEAnlagen/Selbstverbrauch Gemäß § 5 Abs. 4 StromStG gelten für stationäre, ortsfeste Batteriespeicher Sonderregelungen, wenn sie den Zweck haben, Strom nach der Speicherung in ein Versorgungsnetz einzuspeisen. Da stationäre Speicher als Teil des Versorgungsnetzes gelten und nicht als Versorger, werden sie so gegenüber mobilen Batteriespeichern privilegiert. Die Zwischenspeicherung in Fahrzeugen (= mobiler Speicher) ist im StromStG nicht berücksichtigt, weshalb eine Doppelbelastung entsteht, da Strom durch eine nicht stationäre „Anlage“ bezogen wird (Elektrofahrzeug) und die Einspeisung wiederum mit einer Stromsteuer belegt ist (§ 9 Abs. 1a). 2. Strom zur Stromerzeugung Strom, der aus einer EE-Anlage bis zu 2 MW und durch den Betreiber der Anlage zum Selbstverbrauch entnommen wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 1), und Strom, der zur Stromerzeugung entnommen wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 2) sind von der Stromsteuer befreit.

Einer darüber hinausgehenden Anpassung der KAV bedarf es nicht, da die KAV dem EnWG nachgelagert ist, indem sie sich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 48 EnWG stützt

2. Steuerbefreiung in § 9 StromStG für mobile Speicher und Berücksichtigung des Anwendungsfalls V2G durch neue Nummer 2a. Somit erfolgt die Klarstellung, dass die Anwendungsfälle der Elektromobilität einschließlich des V2G steuerbefreit sind. „§ 9 Steuerbefreiungen, Steuerermäßigungen (1) Von der Steuer ist befreit ist: 1. Strom, der […] oder in das Netz der allgemeinen Versorgung mit Strom eingespeist wird; „(1a) Strom ist nicht nach Abs. 1 Nummer 1 von der Steuer befreit, wenn er in ein Netz der allgemeinen Versorgung mit Strom eingespeist wird.“ 2. Strom, der zur Stromerzeugung entnommen wird; 2a. „Strom, der zum Aufladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs genutzt und verbraucht wird, sowie solcher Strom, der nach einer Zwischenspeicherung in einem (mobilen) Stromspeicher an das Energieversorgungsnetz abgegeben wird.“

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Anhang Strom, der hingegen zur Einspeisung entnommen wird, ist mit einer Stromsteuer belegt (§ 9 Abs. 1a).

3. Es sollte keine Spezialregelung für mobile Speicher geschaffen werden, sondern eine allgemeine Klarstellung, dass es sich am Ladepunkt stromsteuerrechtlich um Letztverbrauch handelt. Es wird daher angeregt, in § 1a Abs. 2 den Anwendungsfall Nummer 2 zu streichen: „(2) Wer ausschließlich nach § 3 des Gesetzes zu versteuernden Strom bezieht und diesen ausschließlich 2. zur Nutzung für die Elektromobilität oder 3 2 [...] als Letztverbraucher leistet, gilt nicht als Versorger, sondern als Letztverbraucher im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes.“ „(2a) Wer ausschließlich nach § 3 des Gesetzes zu versteuernden Strom bezieht und diesen zur Nutzung für die Elektromobilität als Letztverbraucher leistet, gilt nicht als Versorger, sondern als Letztverbraucher im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes. Entsprechendes gilt für denjenigen, der nach § 3 des Gesetzes zu versteuernden Strom bezieht und diesen nach einer Zwischenspeicherung in einem mobilen Speicher an das Energieversorgungsnetz abgibt.“

Einkommensteuergesetz

EStG § 3 Nr. 46 StGB § 248c Abs. 1

§ 3 Nr. 46 regelt die Steuerfreiheit (kein geldwerter Vorteil) für Ladestrom, der beim Arbeitgeber beziehungsweise durch einen Dienstwagen an einem heimischen Ladepunkt bezogen wird. Dies stellt keine

Ein Missbrauch lässt sich vor allem vertragsrechtlich in der Dienstwagenvereinbarung regeln, indem dort ein festes Kontingent vereinbart wird, das dem Nutzungsverhalten für die Dienstfahrten entspricht. Wird dies laufend (deutlich) 96


Anhang ungerechtfertigte Steuerermäßigung dar. Missbräuchlich wäre es allerdings, wenn der beim Arbeitgeber bezogene Strom, der für Dienstfahrten dient, stattdessen zur Stromversorgung der Haushaltsgeräte (Spül-, Waschmaschine etc.) des Arbeitnehmers eingesetzt oder durch diesen in das Verteilnetz gegen Zahlung einer Vergütung eingespeist würde. Bislang sind an einen solchen missbräuchlichen Strombezug keine ausdrücklichen Konsequenzen geknüpft.

Messwerterfassung zur Teilnahme am Energiemarkt

MsbG § 19, 29– 31

Grünstromnachweis

EnWG § 42 EEG 2023 § 79

EEG § 9, 10

Um eine Teilnahme am deutschen Energiemarkt zu ermöglichen, ist eine viertelstundengenaue Abrechnung mittels intelligenten Messsystems gemäß TEF7 als Messwerterfassung erforderlich (§ 19, 29–31 MsbG, § 9, 10 EEG).

überschritten, deutet dies darauf hin, dass der Arbeitnehmer „überflüssigen“ Strom lädt, um diesen dann privat als V2G oder V2H zu nutzen. Dies wäre ein (widerlegbarer) Missbrauch durch den Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber, den der Arbeitnehmer anhand konkreter Gegenbeweise entkräften müsste. Zusätzlich zu der vertragsrechtlichen Regelung sollte der Straftatbestand des Stromdiebstahls (§ 248c Abs. 1 StGB) in Bezug auf die hier beschriebenen Konstellationen angepasst werden. Der Einzug einer intelligenten Messwerterfassung auf der Niederspannungsebene ermöglicht bessere Kontrollen der Umsetzung und Verarbeitung der Zählerstandsgangmessungen (= die Messung einer Reihe viertelstündig ermittelter Zählerstände von elektrischer Arbeit) durch die VNB.

Die Eigenschaft des Stroms ist gegenüber Letztverbraucher:innen im Rahmen der Stromkennzeichnung nach Maßgabe § 79 Abs. 5 EEG 2023 und § 42 EnWG auszuweisen.

Die Vorschrift des § 79 EEG 2023 (früher § 78 EEG) ist entsprechend anzupassen. Vorgeschlagen wird mit einer „Grünstrom-Formel“ wie bei THGQuote gemäß § 37a Abs. 4 BImSchG zu arbeiten. Eine solche § 42 EnWG verlangt für die Regelung könnte in einem neuen Abrechnung von Strom das § 79 Abs. 8 EEG aufgenommen Ausweisen des Stromanteils aus werden. Ein hoher Anteil von erneuerbaren Energien (Trennung erneuerbaren Energien im Grau-/Grünstrom). In Fällen geladenen Fahrstrom sollte im unterschiedlicher Ein- und Rahmen der THG-Quote Ausspeiseorte, z. B. bei einer entsprechend angerechnet Einspeisung (Aufladevorgang) an werden, um zusätzliche einem öffentlichen Ladepunkt (Graustrom) oder dem Laden zu 97


Anhang Hause aus einer PV-Anlage (Grünstrom) hat sich der Strom in der Batterie vermischt. Es erfolgt eine Rückspeisung des vermengten Stroms.

Investitionen in die Grünstromerzeugung anzuregen. „§ 79 (8) EEG: Für den Anteil von Strom, der als „erneuerbare Energie“ zu kennzeichnen ist und in elektrisch betriebenen Fahrzeugen zwischengespeichert und anschließend wieder in das Energieversorgungsnetz abgegeben wird, gelten die wie folgt festgelegten Prozentsätze: 1. ab dem Kalenderjahr 2022 7 %, 2. ab dem Kalenderjahr 2023 8 %, 3. ab dem Kalenderjahr 2024 9,25 %, 4. ab dem Kalenderjahr 2025 10,5 %, 5. ab dem Kalenderjahr 2026 12 %, 6. ab dem Kalenderjahr 2027 14,5 %, 7. ab dem Kalenderjahr 2028 17,5 %, 8. ab dem Kalenderjahr 2029 21 %, 9. ab dem Kalenderjahr 2030 25 %.“

V1H/V1G PRL SRL MRL

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Impressum

Impressum HERAUSGEBER e-mobil BW GmbH – Landesagentur für neue Mobilitätslösungen und Automotive BadenWürttemberg NRW.Energy4Climate GmbH – Landesgesellschaft für Energie und Klimaschutz

AUTOR:INNEN P3 automotive GmbH Leonie Schmidt, Niko Waxmann, Daniel Reichert Boesche Rechtsanwälte PartGmbB Dr. Katharina Vera Boesche

REDAKTION UND KOORDINATION DER STUDIE NRW.Energy4Climate GmbH Magdalena Ganser, Dr. Manuel C. Schaloske, Katharina Preuß e-mobil BW GmbH Anatolij Kasnatscheew, Michael Ruprecht

STAND 09/2023

© Copyright liegt bei den Herausgebern Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist einschließlich seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die über die engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes hinausgeht, ist ohne schriftliche Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Speicherung in elektronischen Systemen. Für die Richtigkeit der Herstellerangaben wird keine Gewähr übernommen. 99


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